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Äthiopien: 104 Tote bei Blutbad

EU soll Kooperation mit autoritärer äthiopischer Regierung überprüfen!

Bozen, Göttingen, 10. August 2016

Landschaft in Äthiopien. Foto: Stefan Gara/flickr. Landschaft in Äthiopien. Foto: Stefan Gara/flickr.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Europäischen Union (EU) und der deutschen Bundesregierung vorgeworfen, mit ihrem Schweigen zur brutalen Niederschlagung von friedlichen Protesten in Äthiopien neue Menschenrechtsverletzungen an Oromo und Amhara zu schüren. "Wer vier Tage nach dem Blutbad in Äthiopien noch immer schweigt, hat Doppelstandards in seiner Menschenrechtspolitik", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Selbst wenn die EU bedeutende strategische, migrations- und entwicklungspolitische Interessen in Äthiopien hat, muss sie nun reagieren und ihre Kooperation überprüfen. Das Schweigen Europas kann von Äthiopiens Machthabern nur als Ermutigung verstanden werden, noch brutaler gegen friedliche Demonstranten vorzugehen."

Nach jüngsten Erkenntnissen sind bei der Niederschlagung von Protesten der Oromo und Amhara zwischen Freitag und Sonntag vergangener Woche 104 Menschen getötet worden. Die meisten Demonstranten kamen am vergangenen Samstag zu Tode, als Oromo in mindestens 49 Städten der Region Oromia gegen die Regierungspolitik demonstrierten. Bei der Niederschlagung der Proteste wurden 67 Oromo getötet. 30 Amhara starben bei Demonstrationen in Bahir Dar und sieben Amhara in Gonder, beide Städte sind in der Region Amhara gelegen. Bis Mittwochmorgen hatten weder das Auswärtige Amt noch der Europäische Auswärtige Dienst offiziell auf die exzessive Polizeigewalt reagiert.

Die Menschenrechtsorganisation forderte das Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen auf, glaubwürdigen Berichten von Augenzeugen nachzugehen, Verletzten bei den Demonstrationen sei die Aufnahme in Krankenhäusern verweigert worden und Lagerhäuser staatlicher Unternehmen seien im Großraum der Hauptstadt Addis Abeba als illegale Gefängnisse genutzt worden. Vor allem vor und nach den Protesten in Oromia hatte es eine Verhaftungswelle gegeben. In einigen Städten, wie z.B. in Ambo, waren in ganzen Stadtvierteln alle Häuser gezielt von Sicherheitskräften durchsucht worden, um mutmaßliche Demonstranten festzunehmen.

Seit November 2015 wurden mehr als 20.000 Oromo aus politischen Gründen inhaftiert. Die meisten werden inzwischen isoliert von der Außenwelt in abgelegenen Armeelagern festgehalten. Die Nutzung illegaler Gefängnisse ist seit Jahren gängige Praxis bei Äthiopiens Sicherheitskräften.

Sollten die Vorwürfe des Missbrauchs von Lagerhäusern als illegale Haftanstalten zutreffen, so wäre dies eine bittere Ironie für die Oromo, sagte Delius. Diese Industriebauten wurden in den vergangenen Jahren gegen den Willen der Oromo auf ihrem Land errichtet. Ihre Proteste richten sich auch gegen diesen Landraub.