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Massenamnestie in Äthiopien

"Bemerkenswerter Fortschritt": Äthiopische Regierung setzt erstmals "politische Gefangene" auf freien Fuß

Bozen, Göttingen, 11. September 2012

Landschaft in Äthiopien. Foto: Stefan Gara/flickr. Landschaft in Äthiopien. Foto: Stefan Gara/flickr.

Erstmals sind offiziell auch politische Gefangene unter den mehr als 1.900 Häftlingen, die anlässlich des Neujahrsfestes im orthodox geprägten Äthiopien am heutigen Dienstag freigelassen werden sollen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen begrüßte diese Entscheidung der Regierung in Addis Abeba als "bemerkenswerten Fortschritt". "Bisher wurde immer bestritten, dass es überhaupt politische Gefangene in Äthiopien gibt", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "So besteht jetzt Hoffnung, dass die vielen hundert Gewissensgefangenen endlich wahrgenommen werden und die unerträgliche Unterdrückung jeglicher Opposition in Äthiopien ein Ende findet. Wir fordern die äthiopische Regierung dringend dazu auf, jetzt alle politischen Gefangenen auf freien Fuß zu setzen und so zu beweisen, dass sich ihr Land nach dem Tod von Ministerpräsident Meles Zenawi auf den Weg der demokratischen Erneuerung begeben wird."

Am Montag hatte das äthiopische Justizministerium bekannt gegeben, dass 1.923 Gefangene im Rahmen der jährlichen Massenamnestie zum Neujahrsfest am 11. September freigelassen werden sollen, unter ihnen auch politische Gefangene wie zwei schwedische, aber auch äthiopische Journalisten. In äthiopischen Haftanstalten sitzen besonders viele Oromo. Angehörige dieser größten Volksgruppe Äthiopiens beklagen, sie seien jahrzehntelang unterdrückt worden. Seit 2006 wurden hunderte Oromo-Studenten und -Schüler aus politischen Gründen verhaftet. Auch Bauern, Lehrer, Schriftsteller, Sänger und Manager verschiedener Unternehmen wurden allein aufgrund ihrer ethnischen Abstammung festgenommen. Pauschal wurden sie der Unterstützung der Oromo-Freiheitsbewegung OLF beschuldigt die das Regime Meles Zenawi mit Waffengewalt bekämpfte.

Unter der Herrschaft von Meles Zenawi wurden auch jeder gnadenlos mundtot gemacht, der Willkür und Menschenrechtsverletzungen des Regimes anprangerte. So wurde auch der prominente Blogger Eskinder Nega in einem Unrechtsprozess zu 18 Haft verurteilt. Dem international für seine Arbeit ausgezeichneten Journalisten drohte sogar die Todesstrafe, weil er kritisiert hatte, dass das äthiopische Antiterror-Gesetz dazu missbraucht wird, kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen. Offiziell wurde er wegen Unterstützung von Terrorismus angeklagt.