Bozen, Göttingen, 24. Juni 2003
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Dienstag an Außenminister Joschka Fischer appelliert, bei
seinen Gesprächen mit seinem ruandischen Amtskollegen
Charles Murigande den sofortigen Abzug aller ruandischen Soldaten
aus dem Osten des Kongo und den Stopp aller Hilfen Ruandas
für dort operierende Milizen zu fordern. "Entgegen aller
Ankündigungen Ruandas kämpfen ruandische Soldaten noch
immer im Osten des Kongo", erklärte der GfbV-Afrikareferent
Ulrich Delius. "Berlin darf nicht weiter tatenlos zusehen, wie
ein Schwerpunktland deutscher Entwicklungshilfe gezielt den Krieg
im Kongo anheizt", forderte Delius. Während sich die Lage in
Bunia beruhigt habe, eskalierten die Kämpfe in der weiter
südlich gelegenen Provinz Nord-Kivu. In den letzten zwei
Wochen hätte das von Ruanda unterstützte Rassemblement
Congolais pour la Démocratie (RCD-Goma) mit
Unterstützung von Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen
der ruandischen Armee vier Orte in der Provinz erobert und einen
Exodus der Zivilbevölkerung verursacht.
Nach der Eroberung der Stadt Lubero am letzten Donnerstag habe
sich die Lage der Flüchtlinge in Nord-Kivu dramatisch
verschlechtert. In der Stadt hätten schon vor dem Angriff
der RCD-Goma 140.000 Bürgerkriegsflüchtlinge Zuflucht
gesucht. Nun drohten Kämpfe um die benachbarte Stadt
Butembo. Kongolesische Nichtregierungsorganisationen und der
Bischof von Butembo, Melchisedec Paluku Sikuli, bestätigten
den Einsatz von mit Flammenwerfern ausgerüsteten ruandischen
Armeehubschraubern.
Auch bat die GfbV Außenminister Fischer, gegen die
Unterdrückung der demokratischen Opposition in Ruanda zu
protestieren. Systematisch diffamiere und kriminalisiere
Staatspräsident Paul Kagame vor den für August
geplanten Wahlen Oppositionspolitiker. So habe das ruandische
Parlament am 15. April 2003 unter fadenscheinigen Vorwänden
die Auflösung der wichtigsten Oppositionspartei Mouvement
Démocratique Républicain (MDR) beschlossen. Ohne
eine Demokratisierung Ruandas sei das von Deutschland finanziell
unterstützte Programm zur Entwaffnung und
Rückführung von im Kongo operierenden ruandischen
Hutu-Milizionären zum Scheitern verurteilt.