Bozen, Göttingen, 5. Oktober 2004
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Dienstag vor einer zunehmenden Fluchtbewegung der
assyrisch-chaldäischen Christen aus dem Irak gewarnt. An die
großen Kirchen in Deutschland und in den europäischen
Nachbarländern appellierte die Menschenrechtsorganisation
dringend, ihre Unterstützungsarbeit im Irak zu intensivieren
und schon jetzt ein Soforthilfeprogramm für diese
Flüchtlinge auszuarbeiten. Der Präsident der
internationalen Menschenrechtsorganisation, Tilman Zülch,
berichtete aus dem bis jetzt ruhigen Nordirak, die dortigen
Organisationen der christlichen Assyro-Chaldäer seien nach
der Ermordung von zehn jungen Christen Anfang vergangener Woche
in Bagdad und der Enthauptung eines Assyro- Chaldäers in
Mossul in der Woche zuvor zutiefst beunruhigt über die
zunehmende Christenverfolgung. Seit Kriegsende im Mai 2003 seien
im Irak mehr als 80 Christen von islamistischen Terroristen
ermordet worden, allein 20 von ihnen im September 2004.
"Die christlichen Familien im mittleren und südlichen, vor
allem von Arabern bewohnten Irak verlieren die Hoffnung auf eine
friedliche Zukunft, packen ihre Koffer und flüchten Hals
über Kopf zu ihren Verwandten in den überwiegend
kurdisch besiedelten Norden oder nach Jordanien und Syrien",
sagte Zülch. Dort sollen in den beiden vergangenen Monaten
mindestens 40.000 christliche Flüchtlinge eingetroffen sein.
Verschiedenen Schätzungen zufolge leben im Irak zwischen
600.000 und eine Million assyro-chaldäische Christen.
Die zehn ermordeten Christen arbeiteten als Kellner im Club Madi
Al Said. Dort wurden auch alkoholische Getränke
ausgeschenkt. Die jungen Männer wurden nach der Arbeit auf
ihrem Weg nach Hause erschossen. Die Namen von acht
Getöteten - einige von ihnen Brüder - liegen der GfbV
vor: Es sind 1. Amer Nissan, 2. Adel Nissan, 3. Amanuel Nissan,
4. Bassam Elias, 5. Rasem Elias, 6. Amer Koshaba, 7. Amer Shaba
und 8. Maradona Amanuel. In Mosul war der 30 Jahre alte assyro-
chaldäische Christ Bassam Sabi erst entführt und dann
enthauptet worden. In der Stadt wird eine CD mit Bildern der
Bluttat verbreitet. Auch die beiden Christen Rimon Shaman und
Fira Patros wurden auf diese bestialische Art und Weise
umgebracht.