Bozen, Göttingen, 11. Januar 2005
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
indonesischen Armee am Dienstag vorgeworfen, ihr sei der Kampf
gegen die Aceh-Freiheitsbewegung GAM wichtiger als die Versorgung
der notleidenden Zivilbevölkerung mit Hilfsgütern. "Die
indonesische Armee behindert und verschleppt humanitäre
Hilfe in Aceh", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.
"Es droht ein Scheitern der internationalen Hilfsaktion in Aceh,
wenn die internationale Staatengemeinschaft nicht schnell einen
Waffenstillstand und Frieden für Aceh vermittelt",
erklärte Delius. "Wenn 200.000 Flutopfer nach Angaben des
Internationalen Komitees des Roten Kreuzes sechzehn Tage nach der
Naturkatastrophe noch immer nicht erreicht werden konnten, dann
ist mehr internationale Einmischung notwendig, um eine
zügige Versorgung der Zivilbevölkerung
sicherzustellen."
Indonesiens Staatsminister Yusril Ihza Mahendra habe sich in
einem Gespräch mit westlichen Botschaftern gestern zwar jede
ausländische Einmischung in den Aceh-Konflikt verbeten, aber
angesichts der schleppenden Versorgung der Flutopfer müsse
die internationale Staatengemeinschaft dringend ihren politischen
Druck auf die indonesische Regierung verstärken, um eine
weitere Verschlechterung der Sicherheitslage in der Unruheprovinz
zu verhindern.
Systematisch versuche die indonesische Armee, die
Bewegungsfreiheit ausländischer Helfer einzuschränken,
in dem immer wieder auf die Gefahr von Übergriffen der GAM
hingewiesen werde. Dabei verweise die Armee auf Schüsse, die
vergangenen Sonntag in der Nähe eines UN-Zentrums in der
Stadt Banda Aceh abgegeben wurden. Nach Angaben eines
UN-Mitarbeiters gingen die Schüsse jedoch von einem
Mitarbeiter der Sicherheitskräfte aus. "Mehr Gefahr für
die internationalen Helfer droht momentan von radikalen Muslimen
wie der "Bewegung der Islamischen Verteidiger" (FPI), die mit
hunderten Leuten in Aceh gegen Ausländer polemisiert".
Australiens humanitäre Hilfe könne der Beginn einer
internationalen Intervention für ein unabhängiges Aceh
sein, warnte gestern der FPI-Vorsitzende Habib Rizieq Shihab.
Indonesiens Armee habe bislang nur 19 Mitglieder einer anderen
radikal muslimischen Bewegung, des "Indonesischen Rates der
Mujahidin" (MMI) der Provinz verwiesen. Mehrere hundert
Angehörige radikaler muslimischer Gruppen agitierten noch
immer in Aceh.