Bozen, 28. Februar 2005
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist
höchst erstaunt über die sonderbare Pressemitteilung
des Südtiroler Volksgruppeninstitutes (SVI). Die Pressemitteilung
lässt vor allem deswegen aufhorchen, weil eine
Minderheiteninstitution einer Minderheit und ihrer politischen
Vertretung in den Rücken fällt, obendrein noch im Laufe
eines Kesseltreibens gegen die Partei der Minderheit
(Südschleswiger Wählerverband - SSW). Die CDU greift in
die Mottenkiste nationalistischer Vorurteile und
Bevormundungsideologien, und der SVI unterstützt nicht die
Minderheit, sondern die CDU. Der SVI spricht von einem Missbrauch
der Ausnahmeregelung (die Befreiung von der 5% Klausel für
den SSW) und zeigt damit, dass es die Minderheitenrechte der
Parteilogik unterordnet.
Der SSW hat bei den Wahlen vom 20. Februar mit 3,6% doppelt so
viele Stimmen erzielt, als dies dem Bevölkerungsanteil der
von ihm vertretenen Minderheiten entspricht. Etwa die Hälfte
der Stimmen stammt also von Wählern, die nicht einer dieser
beiden Minderheiten angehören. Daraus ableiten zu wollen,
die Partei der ethnischen Minderheit dürfe nicht auf ihre
Rechte bestehen, ist befremdlich. Auch ist das kein Argument, um
der Minderheit das demokratische Grundrecht abzusprechen, bei
Koalitionsverhandlungen Forderungen zu stellen. Forderungen
stellen ist ein legitimes politisches Instrument, das von allen
Parteien in Anspruch genommen wird, vor allem aber ist es
legitim, Minderheitenrechte einzufordern. Ausgerechnet der
Minderheitenpartei SSW will das SVI dieses Recht verbieten.
Abstrus ist die Ansicht, der SSW dürfe nur in
Angelegenheiten der Minderheiten politisch aktiv werden. Damit
will man die Minderheiten ins Ghetto drängen. Laut dieser
Logik müsste man also die SVP-Parlamentarier aus Rom
abziehen, sofern es nicht direkt um Minderheitenangelegenheiten
geht, und die Autonomie würde die Kompetenzen nur über
Minderheitenbelange haben. Diese Logik führt auf eine
politische Unterwerfung der Minderheiten hinaus. Genau deshalb,
weil die ethnische Minderheit nie eine Mehrheit werden kann -
anders als eine politische Partei - ist die Ausnahmeregelung ein
absolutes Grundrecht.
Unsinnig ist auch die Ansicht, für die Befreiung von der
Sperrklausel müsse die Minderheitenpartei sich auch
minderheitenpolitische Ziele beschränken. Das ist die
politische Entmündigung einer Minderheit, das ist die
Einschränkung von Minderheitenrechten, die eines
Rechtsstaates nicht würdig sind. Das Volksgruppeninstitut
sollte sich für Minderheitenrechte stark machen anstatt
nationalistische Parteipolitik mitzutragen.