Bozen, 8. April 2005
Offener Brief
an die Landtage der autonomen Provinzen Südtirol und
Trentino,
an die Regionalräte der autonomen Regionen und mit
Normalstatut,
an das italienische Parlament.
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herrn,
Die Gesellschaft für bedrohte Völker-Südtirol
(GfbV) bittet Sie um Unterstützung. Fordern Sie mit uns die
Türkei auf, nach 90 Jahren den Völkermord der
Jungtürken an den Armeniern endlich anzuerkennen. Die
Türkei, im Ersten Weltkrieg mit dem deutschen Kaiserreich
verbündet, soll dem deutschen Beispiel folgen. Am 28.
Januar, dem Tag der Befreiung der jüdischen Insassen des KZ
Auschwitz durch die Rote Armee, gedenkt die Welt der sechs
Millionen jüdischen Opfer des Nationalsozialismus.
Auch die Armenier der Türkei wurden zwischen 1915-1918 Opfer
eines - bisher von der Türkei vehement - geleugneten
Völkermordes. Die systematische Ausrottung wurde am 24.
April 1915 mit Deportationsbefehlen der Jung-Türken
eingeleitet, zwei Millionen Armenier kamen bei den Massakern seit
1894 ums Leben. Der Völkermord der Jung-Türken an den
Armeniern (unter Mithilfe des Deutschen Reiches) galt dem Dritten
Reich als Vorbild. Adolf Hitler befahl seinen Truppen, ob SS oder
Wehrmacht, gnadenlos gegen slawische und jüdische
Europäer vorzugehen, sie auszurotten. Denn, "wer erinnert
sich schließlich noch an die Ausrottung der
Armenier?".
Der Türkei ist es bisher offensichtlich gelungen, ihren
Völkermord an den Armeniern aus dem Gedächtnis der
Weltöffentlichkeit zu tilgen. Genauso die Vertreibung der
Assyrer und der Griechen an der türkischen
Mittelmeerküste. Unter an den Augen der
Weltöffentlichkeit führte die Türkei einen
brutalen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Tausende
zerstörte Dörfer, Hunderttausende Vertriebene waren die
Folge. Der Nato-Partner Türkei konnte 1974 ungehindert
Zypern besetzen, 200.000 griechische Zyprioten vertreiben und die
Insel teilen. Dieses Land, in dem der erste Völkermord im
vergangenen Jahrhundert stattfand, wird der EU beitreten. Eine
der Voraussetzungen muss die Anerkennung dieses Völkermordes
sein.
Eine chauvinistische Kampagne des türkischen
Erziehungsministeriums gegen christliche Minderheiten
widerspricht der offiziell verlautbarten Toleranz gegen
religiöse Minderheiten - das türkische
Erziehungsministerium hat bei Neuauflagen türkischer
Schulbücher christliche Minderheiten wie Armenier,
Assyrer/Aramäer oder Pontos-Griechen als Spione,
Verräter und Barbaren diffamiert und den
Aramäischunterricht und den Minderheitenstatus der
Aramäer nicht offiziell anerkennt.
Die Türkei drängt in die EU und verspricht die
Umsetzung der Menschenrechte. Gleichzeitig intervenierte die
Türkei erfolgreich im deutschen Bundesland Brandenburg und
in Israel gegen die Erwähnung des Genozids an der
armenischen Bevölkerung in den Schulbüchern.
Deutschland, die USA und Israel leugnen, wie die Türkei
auch, den Völkermord an den Armeniern. Italien soll sich zum
Fürsprecher jener machen, die die Anerkennung des Genozids
von der Türkei fordern.
Ohne Anerkennung kein EU-Beitritt!