Bozen, Göttingen, 20. Februar 2008
Nach dem mysteriösen Tod eines ehemaligen
kurdischen Parlamentariers in Syrien hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) die syrische Regierung am
Mittwoch aufgefordert, das Schicksal des 61-Jährigen
aufzuklären. Der zuvor wochenlang inhaftierte und schwer
krank entlassene Osman Sulayman war am Dienstag gestorben.
Kurdische Menschenrechtler in Aleppo vermuten, dass schwere
Folterungen in Haft die Todesursache sind.
Im November 2007 war Osman Sulayman in Ain al-Arab (kurdisch:
Kobani) in der Provinz Aleppo während einer friedlichen
Kundgebung von Kurden gegen den drohenden Einmarsch
türkischer Truppen in Irakisch-Kurdistan festgenommen
worden. Am 18. Januar 2008 wurde er unter falschem Namen in das
al-Kendy Krankenhaus in Aleppo eingeliefert. Am 6. Februar wurden
seine Angehörigen aufgefordert, Sulayman aus dem
Gefängnis al- Muslemiye abzuholen. Sie brachten den bereits
todkranken Familienvater wieder in ein Krankenhaus, wo er am 19.
Februar starb. Er hinterlässt eine Frau und zwei
Kinder.
Durch den Tod von Osman Sulayman wächst die große
Sorge der GfbV um den herzkranken kurdischen Sänger Eli
Tico. Er wurde am 17. Januar 2008 vom syrischen Geheimdienst in
Aleppo festgenommen, nachdem er mit kurdischen Journalisten aus
der Türkei gesprochen hatte. Das Haus des Musikers wurde
durchsucht. Trotz verzweifelter Bemühungen seiner Familie
und zahlreicher Fans hat die syrische Regierung weder bekannt
gegeben, warum der 71-Jährige verhaftet wurde, noch wo er
festgehalten wird. Es wird vermutet, dass er nach Damaskus
verschleppt worden ist. Die GfbV hat sich heute an
Außenminister Frank-Walter Steinmeier gewandt mit dem
Appell, sich für die umgehende Freilassung des kurdischen
Künstlers einzusetzen. Eli Tico ist einer der bekanntesten
kurdischen Sänger und einer der erfolgreichsten Interpreten
der klassischen kurdischen Musik in der kurdischen Bergregion
Afrin im Nordwesten Syriens.
Zum Hintergrund
Die etwa zwei Millionen syrischen Kurden, die in drei Regionen an
der syrisch-türkischen Grenze die Mehrheit der
Bevölkerung stellen, werden bis heute auf diskriminiert oder
unterdrückt. 1962 wurde 200.000 von ihnen im Zuge der
massiven Arabisierungspolitik die syrische
Staatsbürgerschaft genommen. Seitdem verlangen
internationale Menschenrechtsorganisationen, unter ihnen auch die
GfbV, ihre Wiedereinbürgerung. Den syrischen Kurden werden
die sprachlichen und kulturellen Minderheitenrechte bis heute
vorenthalten. Rund 150 Kurden werden als politische Gefangene in
syrischen Haftanstalten festgehalten. Dort sind Misshandlungen
und Folter an der Tagesordnung.