Bozen, Göttingen, 12. März 2007
Anlässlich des dritten Jahrestages der blutigen
Niederschlagung spontaner Demonstrationen kurdischer Zivilisten
in Syrien (12. März 2004) hat die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) am Montag die Freilassung von mehr
als 200 kurdischen politischen Gefangenen und die
Wiedereinbürgerung von rund 200.000 Syrer kurdischer
Nationalität gefordert, denen Syrien die
Staatsbürgerschaft entzogen hat. Außenminister
Frank-Walter Steinmeier bat die GfbV in einem dringenden
Schreiben darum, dafür seine guten Beziehungen zu Syrien zu
nutzen. Steinmeier solle sich auch dafür einsetzen, dass die
15 kurdischen und arabischen Politiker, die am vergangenen
Samstag bei einer Mahnwache vor dem Justizpalast in Damaskus
festgenommen wurden, sofort freigelassen werden. Unter ihnen ist
Muhammad Musa Muhammad, ein führender kurdischer
Politiker.
Noch immer fällen syrische Gerichte unmenschliche
Terrorurteile selbst gegen Jugendliche, kritisierte die GfbV. So
seien die beiden 16 und 17 Jahre alte Kurden Kawa Muhamad Said
und Hussein Dib Khalil am 12. Februar 2007 in einem Eilprozess zu
je sechs Monaten Zuchthaus und 76 Millionen syrischen Pfund
(umgerechnet etwa 1,3 Mio US-Dollar) Geldstrafe verurteilt
worden, weil sie an den Demonstrationen vor drei Jahren beteiligt
gewesen seien. In einem Telefongespräch mit dem GfbV-
Nahostreferenten Kamal Sido bestätigte der kurdische
Menschenrechtler Mashal Tamo (Kamishli/Syrien) heute diese
Angaben.
Die Situation der 200.000 staatenlosen Kurden, denen im Zuge der
Arabisierung 1962 die syrische Staatsbürgerschaft entzogen
wurde, sei bis heute unerträglich, berichtete GfbV. So seien
49 kurdische Akademiker aus der Provinz al-Hasakeh von einem
Auswahlverfahren für eine Einstellung beim syrischen
Gesundheitsministerium ausgeschlossen worden, weil sie keine
syrischen Ausweise besaßen. Die Namen dieser Personen sind
der GfbV bekannt.
Hintergrundinformation:
Am 12. März 2004 waren syrische Sicherheitskräfte nach
einem Fußballspiel zwischen kurdischen und arabischen Clubs
gegen kurdische Fans vorgegangen. Durch die blutige
Niederschlagung nachfolgender Demonstrationen im ganzen Land
wurden mindestens 42 kurdische Zivilisten getötet, über
1.000 verletzt und mehr als 2.500 gefangen genommen. Mehr als 200
von ihnen sind noch immer in Haft. Mit etwa zwei Millionen
Menschen stellen die Kurden rund zwölf Prozent der
Gesamtbevölkerung Syriens. Sprachliche und kulturelle Rechte
werden ihnen vorenthalten.