Bozen, Göttingen, 8. April 2008
Anlässlich des Welttages der
Roma (08. April) hat sich die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) am Dienstag an die Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union mit der Forderung gewandt, für die
nach den Serben zweitgrößte nationale Minderheit des
Kosovo, die Roma und Aschkali, nun endlich besondere
Verantwortung zu übernehmen. Die internationale
Öffentlichkeit, aber auch Medien, Parteien, Kirchen und
Gewerkschaftsbewegung der EU hätten die kollektive
Verfolgung und Entrechtung dieser Minderheit nach dem Einmarsch
der NATO-Truppen 1999 kaum zur Kenntnis genommen, kritisierte der
GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch in seinen Schreiben
an die Außenminister der 27 EU-Staaten. Nach der
Unabhängigkeitserklärung des Kosovo müsse jetzt
dafür gesorgt werden, dass die Rechte der Roma und Aschkali
nicht länger ignoriert werden.
Nach der Niederbrennung oder Zerstörung von 75 Siedlungen
der Roma und Aschkali durch albanische Extremisten, nach
Misshandlungen, Folterungen, Vergewaltigungen und Morden, hatten
in den Jahren 1999 und 2000 etwa 80% der bis zu 150.000
Angehörigen dieser Minderheit das Kosovo verlassen. "Gleich
nach dem Einmarsch der NATO habe ich vor Ort mit Entsetzen diese
Hetzjagden extremistischer Kosovo-Albaner, die wenige Wochen
zuvor noch Opfer serbischer Kriegsverbrechen geworden war,
erlebt", berichtete Zülch. Schnell sei das Eigentum dieser
Minderheitenangehörigen geplündert oder in Besitz
genommen worden.
Deshalb fordert die GfbV die Klärung und Anerkennung von
Eigentumsrechten der Roma an ihrem Grund und Boden. Ein
landesweites Wiederaufbauprogramm für die Roma und
Aschkali-Siedlungen müsse endlich in Angriff genommen
werden. Die Minderheit müsse nach Südtiroler Muster in
einem Proporzsystem bei der Verteilung öffentlicher
Arbeitsplätze berücksichtigt werden. Außerdem
müsse die Diskriminierung von Roma und Aschkali im
Gesundheitssystem überwunden und ein spezielles
medizinisches Fürsorgeprogramm für die
vernachlässigte Minderheit aufgelegt werden.
Der 08. April wurde 1971 zum Welttag der Roma erklärt.
Damals wurde in London auf einem Kongress, an dem Roma aus 22
Ländern teilnahmen, die Romani Union gegründet. Als
erste weltweite Organisation der Roma wurde sie 1979 von der UNO
anerkannt. 1981 organisierte die GfbV den dritten
Welt-Roma-Kongress in Göttingen mit Teilnehmern aus 28
Staaten, für den Simon Wiesenthal gemeinsam mit der
indischen Ministerpräsidentin Indira Ghandi die
Schirmherrschaft übernommen hatte.