Bozen, Göttingen, Frankfurt, 15. April 2008
Repräsentanten der ethnischen und religiösen
Minderheiten des Irak haben auf einer zweitägigen Konferenz
der "Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit" und der
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am vergangenen
Wochenende in Frankfurt am Main eine grundlegende Änderung
der irakischen Verfassung gefordert. Ein friedliches und faires
Zusammenleben aller Volksgruppen sei nur möglich, wenn Staat
und Religion per Verfassung getrennt und die Religionsfreiheit
gewährleistet würde, heißt es in einer einstimmig
verabschiedeten Resolution. Darin wurde außerdem gefordert,
dass die Bevölkerung in den administrativ umstrittenen
Gebieten selbst und frei entscheiden können müsse, ob
ihre Gebiete dem Bundesland Irakisch- Kurdistan mit der
Hauptstadt Arbil oder der Zentralregierung in Bagdad unterstehen
sollten.
An der Konferenz hatten aus Bagdad und Arbil angereiste
Vertreter der Christen (Chaldäer-Assyrer-Aramäer),
Turkmenen, Yeziden, Shabak, Armenier, Feili-Kurden und
Mandäer sowie Experten aus Deutschland teilgenommen. Da die
Kurden im Nordirak die dominierende Mehrheitsbevölkerung
stellen, hatten sie zu der Konferenz nur Beobachter
entsandt.
Nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein habe sich die
Situation der ethnischen und religiösen Minderheiten eher
verschlechtert, wurde auf der Konferenz Bilanz gezogen. Durch den
zum Teil von Nachbarländern unterstützten Terror
islamistischer Fanatiker sei der Aufbau eines demokratischen,
pluralistischen und föderalen Irak bisher verhindert und vor
allem unter den nichtmuslimischen Volksgruppen seien
Flüchtlingsströme aus dem zentralen und südlichen
Irak in den Norden oder in die Nachbarländer ausgelöst
worden.
Vorbildlich sei die Nationalitäten- und Minderheitenpolitik
im autonomen Bundesstaat Kurdistan, in dem das Miteinander aller
Volksgruppen und Religionsgemeinschaften immer besser
funktioniere. Hier sei jedoch dringend Unterstützung von
außen notwendig, um die eintreffenden Flüchtlinge
integrieren zu können. Alle Flüchtlinge, die
europäische Länder erreichten, müssten
unbürokratisch Aufnahme finden. Am Rande der Konferenz
vereinbarten die Minderheitenvertreter die Gründung einer
Arbeitsgruppe im Irak zur Unterstützung der kleineren
ethnischen und religiösen Minderheiten. Sie soll ihre
Belange mit Unterstützung der GfbV nach außen
vertreten. Im Irak leben noch etwa 600.000 Christen, rund 400.000
Turkmenen, 550.000 Yeziden, 70.000 Shabak, 500.000 Feili-Kurden,
rund 18.000 Armenier und weniger als 5.000 Mandäer.