Bozen, Göttingen, Erbil, 6. Juni 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat in
Erbil im friedlichen irakischen Bundesstaat Kurdistan eine
Sektion gegründet. "Irakisch- Kurdistan ist ein idealer
Standort für eine Menschenrechtsorganisation, die sich
für den Schutz von diskriminierten und verfolgten ethnischen
und religiösen Minderheiten im Nahen Osten einsetzt",
erklärte der Präsident der GfbV International, Tilman
Zülch, auf einer Pressekonferenz seiner internationalen
Menschenrechtsorganisation in den Räumen des Parlamentes des
Bundesstaates in Erbil. "Während Terroranschläge im
Süd- und Mittelirak ungezählte Opfer fordern, werden
politische Konflikte in Kurdistan auf zivilisierte Weise
ausgetragen. Dieser Bundesstaat im Norden des Irak befindet sich
im Aufbruch, religiöse und ethnische Gemeinschaften
können sich jetzt frei entfalten."
Der kurdische Parlamentsabgeordnete und Vorsitzende des
Gründungskomitees, Dr. Nasih Ghafuri, legte am heutigen
Dienstag in Erbil dar, dass der Beirat der neuen
Menschenrechtsorganisation den Pluralismus der kurdischen
Gesellschaft wiedergebe: "Wir kennen hier nur größere
und kleinere Völker, keine Minderheiten." Das sei auch die
Überzeugung von Präsident Masud Barzani. Die
Landesregierung unterhält deshalb neben dem kurdischen
jeweils auch ein Schulsystem für die
aramäisch-sprachigen Assyrochaldäer und die Turkmenen,
fördert ihre Kulturinstitute und bezuschusst ihre
Medien.
Dem Beirat der GfbV Kurdistan/Irak gehören 20
Persönlichkeiten an, darunter kurdische,
assyrochaldäische, turkmenische und yezidische Abgeordnete,
der stellvertretende Parlamentspräsident, ein christlicher
Minister, Vertreter der Organisationen der kleineren Völker
und religiösen Minderheiten des Nordirak, die Vorsitzende
der kurdischen Frauenunion, islamische, christliche und
yezidische Geistliche und Persönlichkeiten aus Wissenschaft
und Kultur. Die Opferverbände Kurdistans, unter ihnen der
Verein der ehemaligen politischen Gefangenen, die zu
Zehntausenden in den Lagern Saddam Husseins leiden mussten, sind
im Beirat ebenso repräsentiert wie die Frauen aus dem
Barzangebiet, die die Entführung und Erschießung von
8.000 ihrer Söhne und Männer beklagen, oder das so
genannte Anfal-Zentrum, dessen Sprecher die Opfer der
gleichnamigen Vernichtungsoperation des Baathregimes in Kurdistan
auf 180.000 beziffert.
Die GfbV begrüßt nachdrücklich alle bisherigen
Initiativen der Regierung des irakischen Bundesstaates Kurdistan
zur Aufnahme und Ansiedlung assyrochaldäischer christlicher
Flüchtlinge und Vertriebener aus dem Mittel- und
Südirak. "Es ist erfreulich, dass Dörfer und
Häuser für sie wiederaufgebaut oder neu errichtet
werden und diese Menschen soziale Hilfen erhalten. Es wäre
schön, wenn deutsche Kirchen, Unternehmen und die
Bundesregierung sich verstärkt an dieser Hilfeleistung
beteiligen würden, damit sich eine größere Zahl
der nach Jordanien und Syrien geflüchteten
Assyrochaldäern im irakischen Kurdistan niederlassen
können", sagte Zülch.