In: Home > News > Chile / Mapuche: GfbV warnt vor Eskalation im Mapuche-Konflikt. "Chilenische Regierung gießt Öl ins Feuer"
Bozen, Göttingen, 10. Januar 2012
Mapuche demonstrieren während eines Prozesses vor dem Gerichtshof von Victoria, Chile. Foto: Massimo Falqui Massidda.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt
vor einer Eskalation der Gewalt in den Mapuche-Gebieten im
Süden Chiles. "Wir sind außerordentlich besorgt, dass
die seit langem zunehmenden Spannungen zwischen den Indianern,
die um ihre Landrechte kämpfen, und Landwirtschafts- oder
Forstunternehmen, die das umstrittene Mapucheland heute nutzen,
zu offener Gewalt umschlagen und außer Kontrolle geraten
könnten", sagte Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für
indigene Völker, am Donnerstag in Göttingen. "Die
chilenische Regierung sollte endlich zu einem offenen und
ehrlichen Dialog mit den Mapuche übergehen, anstatt durch
die Anwendung des aus der Zeit der Diktatur unter General
Pinochet stammenden Antiterrorgesetzes und die Stationierung von
immer mehr Sicherheitskräften Öl ins Feuer zu
gießen."
Nach dem gewaltsamen Tod des Ehepaares Werner Luchsinger und
Vivianne McKay Ende vergangener Woche, auf dessen Land vor
fünf Jahren der junger Mapuche Matías Catrileo
während einer friedlichen Landbesetzung erschossen wurde,
haben Angehörige der rechten Gruppierung Hernan Trizano mit
Drohungen gegen Mapuche die Situation verschärft. Die
Familie Luchsinger besitzt etwa 1.000 Hektar Land, auf das die
Mapuche Anspruch erheben.
Mapuche-Organisationen und die Gemeinde Temuco haben
Präsident Sebastian Pinera und Vertreter der
Zivilgesellschaft Chiles mittlerweile zu einem Krisengipfel am
16. Januar in Temuco eingeladen. Repräsentanten der Kirche
und Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel haben
Verständnis für die Mapuche und eine faire
Auseinandersetzung mit ihren Forderungen angemahnt. Die Indianer
verlangen die Rückgabe von mindestens 700.000 Hektar Land,
das sie durch eine Landreform unter Salvador Allende (1970 bis
1973) erhalten hatten, die jedoch unter der Diktatur von Pinochet
rückgängig gemacht worden war.
Unter den je nach Quelle 800.000 bis 1.400.000 Mapuche Chiles und
insbesondere unter den Jugendlichen nimmt die Verbitterung zu,
denn die Indianerbehörde Conadi, die Land von
Privateigentümern zurückkaufen und an die Mapuche
zurückgeben soll, erfüllt ihre Aufgabe nicht, weil sie
finanziell nicht ausreichend ausgestattet ist. Hinzu kommt, dass
Angehörige der Landrechtsbewegung der Mapuche als
Terroristen strafverfolgt und zu
unverhältnismäßig hohen Haft- und Geldstrafen
verurteilt werden. Minderjährige werden in diesen
Fällen nach dem Erwachsenenstrafrecht behandelt. Immer
wieder setzen inhaftierte Mapuche durch zum Teil monatelange
Hungerstreiks ihr Leben aufs Spiel, weil sie kein anderes Mittel
mehr sehen, um auf die Situation ihrer Gemeinschaften aufmerksam
zu machen. Mapuche berichten von außerordentlich brutalen
Hausdurchsuchungen, Misshandlungen und demütigender
Behandlung in Haft und beklagen, dass ihre Kinder in einem Klima
der Angst aufwachsen. Bisher kamen acht Mapuche während der
Auseinandersetzungen seit 2002 durch Sicherheitskräfte zu
Tode.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2012/120229de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/111125de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110729ade.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110513ade.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapu-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapuche07-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapu-mergen.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapuche-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/lota2003.html
in www: www.mapuexpress.net | www.azkintuwe.org | www.observatorio.cl | www.mapuche.info | www.hrw.org/node/11921 |
www.koyaktumapuche.net