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Nigeria

Antiterror-Krieg kostet viele Menschenleben - Mehr Schutz der Zivilbevölkerung und Transparenz gefordert

Bozen, Göttingen, 18. November 2015

Nigeria: Proteste für die Befreiung der 219 verschleppten Schülerinnen. Foto: Michael Fleshma/Flickr. Nigeria: Proteste für die Befreiung der 219 verschleppten Schülerinnen. Foto: Michael Fleshma/Flickr.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat mehr Transparenz und einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung beim Antiterror-Krieg gegen Boko Haram in Nigeria gefordert. "Der Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram im Nordosten des Landes findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Weder humanitäre Helfer noch Journalisten oder Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu der Konfliktregion und den dort verbliebenen Zivilisten", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Die Zahl der Todesopfer im Boko-Haram-Konflikt ist sicherlich deutlich höher als bislang bekannt. Denn zivile Opfer im Antiterror-Kampf werden in den regelmäßig verbreiteten Siegesmeldungen der Armee nicht genannt." Nigerias Luftwaffe hat allein im September/Oktober 2015 nach eigenen Angaben 1.488 Luftangriffe gegen mutmaßliche Boko-Haram-Stellungen geflogen.

Der gestern vom "Institute for Economics and Peace" veröffentlichte "Global Terrorism Index" geht für das Jahr 2015 von bislang 6.644 Todesopfern in Nigeria aus. Im gesamten Jahr 2014 waren 7.512 Terroropfer in dem westafrikanischen Land gezählt worden. "Doch wer den Schrecken des Boko-Haram-Konflikts realistisch erfassen will, muss auch den blutigen Gegenterror der Sicherheitskräfte und verbündeter Milizen berücksichtigen. Denn die Zivilbevölkerung fürchtet die willkürliche Gewalt der Armee genauso wie die der Terrorgruppe", sagte Delius. Erst Dienstagabend wurden wieder 32 Menschen bei einem Bombenanschlag Boko Harams in der Stadt Yola (Bundesstaat Adamawa) getötet.

Rund 2,5 Millionen christliche und muslimische Zivilisten sind vor Terror und Gegenterror geflohen. 2,15 Millionen von ihnen sind Binnenflüchtlinge und meist bei Verwandten oder Freunden untergekommen. "Die Versorgung dieser Flüchtlinge ist katastrophal. Angesichts der im Land grassierenden Korruption kommt ein Großteil der versprochenen Hilfe bei ihnen nicht an", berichtete Delius und mahnte: "Es ist dringend mehr Transparenz bei der humanitären Hilfe im Nordosten Nigerias nötig: Ohne umfassende Hilfe für die Flüchtlinge wird es dort auch keinen dauerhaften Frieden geben, da Armut, Korruption und Machtmissbrauch die Gewalt in der auch vom Klimawandel hart geprüften Region schüren."

Boko Haram hat sich im März 2015 offiziell dem "Islamischen Staat" angeschlossen und zur "Westafrika-Provinz des Islamischen Staats" erklärt.