In: Home > News > Chile: Rückfall in die Zeiten des Diktators Pinochet
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Bozen, Göttingen, 25. Oktober 2019
Proteste in Chile, 23.10.2019. Foto: GfbV/2019.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)
beobachtet in Chile eine Atmosphäre von Angst und Chaos.
"Seit dem Ausbruch der Unruhen vor einer knappen Woche wurden
mindestens fünf Menschen getötet", beklagt Yvonne
Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker. Nach
Angaben des Nationalen Instituts für Menschenrechte (INDH)
wurden 584 Menschen verletzt, 245 davon durch Schusswaffen.
Währenddessen seien 2.686 Personen verhaftet worden, davon
297 Kinder und Jugendliche. "Manch ältere Chilenen
fühlen sich an die Zeiten der Diktatur unter Augusto
Pinochet erinnert", so Bangert. Während der
Militärdiktatur von 1973 bis 1990 patrouillierten
regelmäßig Soldaten in den Straßen der
Städte.
Auch in der Hauptstadt der Region Araucanía Temuco wurden
Demonstrationen von der Polizei mit Tränengas und
Gummigeschossen angegriffen. "Temuco ist das Zentrum der Mapuche,
die mit mehr als einer Million Menschen die größte
indigene Bevölkerungsgruppe Chiles sind", erklärt
Bangert. Sie stellten fast zehn Prozent der
Gesamtbevölkerung, würden diskriminiert und
unterdrückt. Immer wieder würden sie auf Grundlage des
international geächteten Antiterrorgesetzes vor Gericht
gestellt. Dieses Gesetz ermöglicht Untersuchungshaft
über Monate oder gar Jahre. "Dafür genügen
Aussagen anonymer Zeugen, die die Verteidigung eines Angeklagten
nicht überprüft kann. Und dieses Vorgehen wird nur
gegen Mapuche angewendet", so Bangert. Das INDH berichtet zudem
über Vorwürfe der Folter und demütigender,
sexistischer Behandlung von Gefangenen durch die
Sicherheitskräfte.
Dass Präsident Piñera nun die
Fahrpreiserhöhungen zurücknehme und einräume, die
Situation falsch eingeschätzt zu haben, komme zu spät.
Denn die sozialen Verwerfungen in Chile seien grundlegend: "Das
durchschnittliche Monatseinkommen in Chile liegt bei rund 500
Euro. Für 60 Prozent der Haushalte reicht das nicht bis zum
Monatsende", erläutert Yvonne Bangert. "Für die Mapuche
als Ärmste der Armen sind die Folgen von Landverlust und
Zerstörung ihrer kulturellen Wurzeln daher dramatisch". Dazu
litten sie besonders unter der Willkür der
Sicherheitskräfte, die für ihr Handeln nur selten zur
Rechenschaft gezogen würden.
"Europa sollte die Unruhen zum Anlass nehmen, die
Menschenrechtsverletzungen im ganzen Land und insbesondere in der
Araucanía zu untersuchen und bei der Regierung auf
Rechtsstaatlichkeit zu drängen", fordert Bangert. Die
ehemalige Präsidentin Chiles und derzeitige
UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet
verkündete am gestrigen Donnerstag, eine unabhängige
internationale Beobachterkommission zu entsenden. Sie soll
Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen während der
Proteste untersuchen.
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170904de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2013/130110de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2012/120229de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/111125de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110729ade.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110513ade.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapu-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapuche07-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapu-mergen.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/mapuche-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/lota2003.html
in www: www.mapuexpress.net | www.observatorio.cl | www.mapuche.info