In: Home > DOSSIER > Tuareg in Sahel-Ländern: Uran aus Afrika für Frankreichs Atomindustrie
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Von Ulrich Delius
Bozen, Göttingen, Oktober 2010
Als am 16. September 2010 sieben Angestellte französischer Energie- und Bau-Unternehmen in Niger entführt wurden, zeigte sich schlaglichtartig, wie bedeutend der westafrikanische Staat für Frankreichs Energieversorgung ist. Denn ohne das Uran vom Land der Tuareg stünde es um die Versorgung der 58 Atomkraftwerke Frankreichs schlecht. Der französische Energiekonzern Areva bezieht ein Drittel seines Urans aus den Minen im Norden des Niger. 2009 förderte das Staatsunternehmen 8.600 Tonnen des kostbaren Gesteins in der Region Arlit. In Zukunft sollen noch mehr Minen in Niger erschlossen werden.
Der Bergbau verletzt die traditionellen Landrechte der Tuareg und zerstört so ihre Heimat. Foto: Emilia Tjernström.
Bereits seit Jahren wird Areva massiv von einheimischen Tuareg
- einem Volk, das auf die Sahel-Ländern Niger, Mali,
Algerien, Libyen und Burkina Faso zerstreut ist - und von
Umweltschutzorganisationen kritisiert. Das rohstoffreiche Land
gehört traditionell den Tuareg. Doch obwohl der Uran-Bergbau
im Norden des Niger rund 30 Prozent der Staatseinnahmen ausmacht,
haben sie bisher wenig davon profitieren können.
Bislang leiden sie vor allem unter den verheerenden
gesundheitlichen und ökologischen Folgen des Bergbaus. Auf
Einladung der Tuareg untersuchten französische
Umweltschützer des unabhängigen Labors CRIIRAD 2003
erstmals die gesundheitlichen Risiken der Uranförderung
für die Bevölkerung in Arlit. Wegen mangelnder
Kooperationsbereitschaft durch Areva recherchierten die
Wissenschaftler verdeckt - und kamen zu erschütternden
Ergebnissen. So stellten sie fest, dass Trinkwasserquellen
radioaktiv verseucht sind und verstrahlte Materialien auch beim
Straßenbau verwendet wurden. Offensichtlich wurden
internationale Schutzvorschriften ignoriert. Auch berichteten
Tuareg, dass ihnen von der Firma radioaktive Baumaterialien
gegeben wurden, die später zum Teil beim Hausbau und als
Küchengeräte Verwendung fanden.
Die französische Nichtregierungsorganisation Sherpa stellte
in einem 2005 veröffentlichten Bericht fest, dass
Minenarbeiter nicht über die gesundheitlichen Risiken ihrer
Arbeit informiert wurden. Obwohl es viele Fälle von
Lungenkrebs und Leukämie gibt, lehnt das Unternehmen jede
Verantwortung für diese ab und betont die
Unschädlichkeit des Rohstoffabbaus. Vor allem Tuareg, die
meist als Leih- und Zeitarbeiter eingesetzt werden, leiden unter
den katastrophalen gesundheitlichen Folgen.
Bestätigt wurden diese bedrohlichen Zustände durch eine
Untersuchung der Umweltschutzorganisation Greenpeace im Jahr
2010. Sie wies auf die schlimmen Arbeitsbedingungen in den
Bergwerken sowie den unzureichenden Schutz der in der Region
lebenden Tuareg hin. Die Verletzung der Rechte der
Urbevölkerung schürte auch bewaffnete Konflikte in der
Region. Die zwischen 2007 und 2009 im Norden Nigers gegen die
Regierung kämpfende Tuareg-Freiheitsorganisation "Bewegung
der Nigerier für Gerechtigkeit" (MNJ) forderte
beispielsweise die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den
Minen, einen wirksamen Schutz der in der Region lebenden
Bevölkerung sowie eine gerechte Beteiligung der Tuareg an
den Erlösen aus dem ertragreichen Bergbau.
Auf Druck Libyens legte die MNJ zwar 2009 ihre Waffen nieder,
doch ihre Forderungen sind weiter gültig. Für die
Tuareg ist die Lage besonders kritisch, weil der Bergbau nicht
nur ihre traditionellen Landrechte verletzt, sondern langfristig
auch ihre Heimat zerstört. Denn auch im Nachbarland Mali
wird inzwischen auf Tuareg-Land nach Uran gesucht.
Aus pogrom-bedrohte Völker 261 (4/2010)
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100726de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090123de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080819de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2008/080116de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2007/071009de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2007/070627de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050816de.html
| www.gfbv.it/3dossier/africa/tuareg.html |
www.gfbv.it/3dossier/africa/nomad-del.html
in www: http://de.wikipedia.org/wiki/Tuareg
| http://de.wikipedia.org/wiki/Niger
| http://de.wikipedia.org/wiki/Mali
| www.gfbv.de/inhaltsDok.php?id=107
| www.temoust.org