Bozen, Göttingen, 23. Mai 2003
Die tschetschenische
Menschenrechtlerin und enge Partnerin der Gesellschaft für
bedrohte Völker International (GfbV), Lipkan Basajewa,
schwebt in Lebensgefahr. Diese Nachricht hat die Mitarbeiter der
Menschenrechtsorganisation am Freitag in Göttingen
aufgeschreckt. In einem Telefonat mit der GfbV-Europareferentin
Sarah Reinke in der vergangenen Nacht berichtete Frau Basajewa,
dass russische Todesschwadrone die Menschenrechtlerin Zura
Bitiewa und drei ihrer Familienangehörigen im Dorfs
Kalinowskaja am 21. Mai erschossen haben. "Wir stehen alle in
einer Reihe. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns auch
umbringen", sagte Lipkan Basajewa am Telefon. In der Nacht zum 1.
Dezember 2002 war die unerschrockene Menschenrechtlerin und
Bürgermeisterin von Alkan-Khala, Malika Umaschewa, ebenfalls
von Todesschwadronen hinterrücks erschossen worden.
Dringend forderte die GfbV den Bundeskanzler auf, sich vor die
noch lebenden tschetschenischen Menschenrechtlerinnen wie Lipkan
Basajewa oder die Trägerin des Schweizer
Menschenrechtspreises Zainap Gaschajewa zu stellen. "Laden Sie
diese mutigen und bewundernswerten Frauen in die deutsche
Botschaft ein oder schicken Sie die Mitarbeiter der Botschaft zu
ihnen. Diese Frauen brauchen dringend Ihren Schutz, Herr
Bundeskanzler!", schrieb der Präsident der GfbV
International, Tilman Zülch, "Ihre enge Zusammenarbeit mit
dem Initiator dieses Völkermordes, Wladimir Putin, hat zum
furchtbaren Schicksal der beiden ermordeten Frauen
beigetragen."
Zura Bitiewa hatte sich seit 1994 für den Frieden in
Tschetschenien eingesetzt. Im Januar 2000 war sie festgenommen,
in dem berüchtigten "Filtrationslager" Tschernokosowo"
gefangen gehalten und gequält worden. Nach ihrer Freilassung
und nach langer Krankheit trat sie auf Kundgebungen und
Demonstrationen wieder für den Frieden ein. Den russischen
Militärs war sie ein Dorn im Auge, immer wieder wurde ihr
Haus durchsucht. Dann wurde ihr Sohn festgenommen. Zuletzt hatte
sie sich gegen das Zwangsreferendum in Tschetschenien vom
23. März ausgesprochen.