Bozen, Göttingen, 29. Juni 2004
Die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) hat der sudanesischen Regierung am
Dienstag vorgeworfen, das wahre Ausmaß des Genozids in
Darfur im Westen des Landes zu verschleiern. "Mit immer neuen
Hinhaltemanövern will Khartoum eine internationale
Intervention abwenden", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich
Delius, "doch nur der Einsatz von UN-Friedenstruppen
gemäß Kapitel VII der UN-Charta kann einen wirksamen
Schutz der Zivilbevölkerung sicherstellen." Dies wiederum
sei Voraussetzung für ausreichende humanitäre Hilfe
für alle Notleidenden.
Kurz vor dem Sudanbesuch von UN-Generalsekretär Kofi Annan
und US- Außenminister Colin Powell am Dienstag und Mittwoch
hätten die sudanesischen Behörden Flüchtlinge in
den Lagern systematisch eingeschüchtert, damit keine
Augenzeugenberichte von Verbrechen an die Öffentlichkeit
dringen. Hunderte Soldaten in Zivil, aber auch Uniformierte seien
in den vergangenen Tagen in Lagern in der Umgebung der Stadt El
Fasher aufgetaucht und hätten Flüchtlinge bedroht und
geschlagen, um sie an Aussagen über ethnische Vertreibungen
und schwerste Menschenrechtsverletzungen zu hindern.
"Es ist skandalös, dass der Sudan ungeachtet der zahllosen
glaubwürdigen Berichte von Menschenrechtsorganisationen, UN-
Mitarbeitern und Hilfsorganisationen noch immer die schweren
Menschenrechtsverletzungen in Darfur leugnet und das Ausland
für die Krise verantwortlich macht", kritisierte Delius.
"Auch die vom sudanesischen Präsidenten al Bashir am 19.
Juni zugesagte Entwaffnung der Janjaweed-Milizen ist eine leere
Worthülse geblieben." Mehrfach hätten Milizen danach
Flüchtlinge überfallen, ohne dass in der Nähe
stationierte Soldaten eingegriffen hätten. Die meisten
Flüchtlinge lebten in den Camps de facto als Gefangene, da
sie es aus Angst vor Übergriffen nicht wagten, die Lager zu
verlassen. Janjaweed- Milizionäre hätten sie
planmäßig aus ihren Dörfern vertrieben und
terrorisieren sie nun, sobald sie die Lager verlassen. Besonders
oft würden Frauen und Mädchen Opfer von
Übergriffen.
Noch immer gebe es für die internationalen Helfern keinen
freien Zugang zu allen Not leidenden Menschen in Darfur, obwohl
bereits vor Wochen zugesichert worden sei, dass alle
Behinderungen beseitigt werden sollen, sagte Delius. Bisher
würden erst 70% der Notleidenden erreicht. Zwar habe sich
die Situation für die Helfer aufgrund des internationalen
Druckes etwas verbessert, doch noch immer behinderten die
sudanesischen Behörden mit bürokratischen Auflagen eine
wirksame Hungerhilfe. So verlaufe die Zollabfertigung oft
schleppend und noch immer gebe es Verzögerungen bei der
Ausstellung von Genehmigungen.