Bozen, 15. Juli 2004
An die Fraktionen im EU-Parlament, an die Vorsitzenden der Fraktionen
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
Als Menschenrechtsorganisation appellieren wir an Sie, die
bedeutsame Arbeit des Europaparlaments in der Frage der
Anerkennung der Minderheiten und auch der Regionalisierung der EU
weiterzuführen. In der Europäischen Union gibt es mehr
als 100 autochthone Sprachen, die täglich verwendet werden.
Von diesen sind nur 25 offizielle Amtssprachen der EU. Von den
mehr als 450 Millionen Bürgern der EU sprechen 100 Millionen
eine andere Sprache als die offizielle Staatssprache des
Mitgliedslandes, fast jeder siebte Unions-Bürger gehört
einer sprachlichen Minderheit an.
Unabhängig von der Anerkennung von Minderheitensprachen
durch die Europäische Union ist der nationale juridische
Status unterschiedlich: er reicht von der offiziellen Anerkennung
bis zur völligen Leugnung von sprachlichen Minderheiten auf
dem eigenen Staatsgebiet. In den 25 Mitgliedstaaten wird
zusätzlich zur Staatssprache mindestens eine weitere zweite
angestammte oder alteingesessene Sprache gesprochen. Durch die
Förderung dieser Sprachen wird ein Grundstein für ein
mehrsprachiges Europa gelegt. Die neuen EU-Mitglieder wurden von
der EU-Kommission aufgefordert, noch vor dem Beitritt offene
Minderheitenfragen zu lösen. Ganz im Sinne des
Europaparlaments, das seit seinem Bestehen engagiert in
Minderheitenfragen agierte. Ein Grund mehr, in der EU-Architektur
endlich auch den Minderheiten einen "Freiraum" zuzugestehen und
zu garantieren.
Wir greifen einen Vorschlag der drei EU-Weisen Athisari, Frowein
und Oreja auf, die nach Amtsantritt der ersten
ÖV-FP-Regierung in Österreich in Menschenrechtsfragen
eine EU-Regelung anregten. Die drei Weisen sprachen sich
dafür aus, innerhalb des EU-Rates eine
Menschenrechtsbehörde einzurichten. Die grüne
österreichische Parlamentariern Terezija Stoisits
(Angehörige der kroatischen Sprachminderheit im Burgenland)
verlangte einen Kommissar für Minderheiten, Rudolf
Sarközsi vom Kulturverein österreichischer Roma regte
nach den Roma-Protesten in der Slowakei an, einen
EU-Roma-Kommissar zu beauftragen. Die Roma in der EU zählen
mehrere Millionen Menschen, die meisten davon sind ausgegrenzt
und bitter arm, diskriminiert und völlig rechtlos.
Wir drängen das Europaparlament, diesen Wünschen
nachzukommen, sie aufzugreifen. Millionen Angehörige
zählen die Sprachminderheiten in der EU, die russischen
Minderheiten im Baltikum werden - bei Nicht-Umsetzung von
Minderheitenrechten - auch zu einem Problem zwischen der EU und
Russland werden. Die EU sollte handeln, bevor es soweit
kommt.
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