Bozen, Göttingen, 27. September 2004
Die Wiederaufbauteams der Bundeswehr in Kundus und Feisabad
machen Afghanistan nach Auffassung der Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) nicht sicherer. In einem am Montag
veröffentlichten zwölfseitigen Memorandum stellt die
Menschenrechtsorganisation fest, dass dieses Konzept gescheitert
sei, da die Teams weder die Entwaffnung der Kriegsfürsten
unterstützen noch bei der Bekämpfung des Drogenanbaus
helfen sollen, mit dem sich die Warlords finanzieren. "Zu
behaupten die Aufbauteams würden trotzdem allein durch ihre
Anwesenheit Sicherheit bringen, sei Augenwischerei", warnte der
GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Außerdem hätten die
meisten NATO-Staaten nicht einmal - wie ursprünglich geplant
- Soldaten für weitere Aufbauteams zur Verfügung
gestellt. Diese sollten im ganzen Land sichere Regionen schaffen,
von denen aus dann positive Signalwirkung für das Umland
erwartet wurde. "Die NATO- Staaten dürfen sich jedoch nicht
einfach verweigern, sondern sie müssen jetzt schnell
über Möglichkeiten beraten, wie die afghanische Armee
bei der Entwaffnung der Kriegsfürsten unterstützt
werden kann."
Zwar begrüßte die GfbV ausdrücklich, dass die
Bundeswehr auch außerhalb des Großraumes Kabul
eingesetzt wird. Doch der Erfolg der regionalen Wiederaufbauteams
in den Provinzen (PRT) lasse sich nicht daran messen, ob deutsche
Soldaten beim Bau von Schulen und Wähler- Erfassungsstellen
mitgeholfen habe, widersprach die GfbV
Bundesverteidigungsminister Peter Struck, der die Leistungen der
PRT am Sonntag in Afghanistan ausdrücklich gelobt hatte.
Denn Dutzende internationale Hilfsorganisationen errichteten in
ganz Afghanistan Schulen und andere soziale Einrichtungen, sagte
Delius. Auch in Kundus und Feisabad seien vor dem Eintreffen der
Bundeswehr bereits internationale Helfer tätig gewesen, die
auch ohne Mithilfe der deutschen Soldaten ihre Arbeit geleistet
hätten.
"Die PRTs gefährden den Wiederaufbau in Afghanistan immer
mehr, da die Grenzen zwischen Militärs und Helfern
verschwimmen und Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen
zur Zielscheibe von Terroranschlägen werden", sagte Delius.
So würden sich deutsche Soldaten in Kundus teilweise in
nicht militärisch gekennzeichneten Fahrzeugen bewegen, die
ähnlich auch von Helfern genutzt würden. Seien im Jahr
2003 sieben Mitarbeiter internationaler Hilfswerke getötet
worden, so seien es dieses Jahr bereits 23. Folge der wachsenden
Unsicherheit sei der Rückzug von ausländischen Helfern,
der wiederum den Wiederaufbau und die Stabilität ernsthaft
gefährde.