Attentate auf christliche Kirchen im Irak
Die systematische Zerstörung der christlichen Kirchen
verbreitet Angst und Schrecken unter Iraks Christen
Bozen, Göttingen, Mosul, 8. Dezember
2004
Bei Sprengstoffanschlägen in Mosul im Nordirak sind nach
Informationen von Mitarbeitern der Gesellschaft für bedrohte
Völker International (GfbV) vor Ort gestern Nachmittag um
14.30 Uhr die armenisch-orthodoxe Kirche im Al Widha-Viertel und
um 16.30 Uhr die alte chaldäische Kirche Tahira, das Zentrum
der Erzdiözese, fast vollständig zerstört worden.
Bei dem Angriff auf die erst kürzlich erbaute
armenisch-orthodoxe Kirche wurden drei Menschen verletzt. Zwei
Stunden später hatten zehn bewaffnete Terroristen die alte
chaldäische Kirche Tahira gestürmt, die Gläubigen,
die sich in der Kirche aufhielten, als Geiseln in einen Raum
gesperrt, Sprengsätze angebracht und zu Expolsion gebracht.
Dann wurden die Gläubigen freigelassen, die Feuerwehr wurde
von den Attentätern jedoch daran gehindert, den schweren
Brand in der Kirche zu löschen. Große Teile der aus
dem 7. Jahrhundert nach Christus stammenden Kirche wurden
zerstört.
Die 700.000 Angehörige zählende christliche Minderheit
des Irak leidet seit Monaten unter massiven Angriffen von
islamistischer Seite. Schon bis zu 70.000 Christen sollen das
Land verlassen haben. Sicherheit gibt es für sie nur im
kurdischen Föderalstaat im Norden, wo sowohl die
Demokratische Partei Kurdistan unter dem Vorsitz von Masud
Barzani und die Patriotische Union Kurdistan unter dem Vorsitz
von Jalal Talabani Hilfsmaßnahmen für christliche
Flüchtlinge aus dem mittleren und südlichen Irak
unternimmt. Insgesamt dürften nach Schätzung der GfbV
etwa 200 Christen, unter ihnen auch Frauen, terroristischen
Anschlägen zum Opfer gefallen sein.
Chronik der Anschläge auf christliche
Kirchen / Institutionen im Irak
- 2003 - Ende 2003 finden verschiedene Angriffe auf christliche
Institutionen statt: Ein Raketenangriff auf einen Konvent in
Mosul, Sprengsätze in zwei christlichen Schulen in Bagdad
und Mosul, an Heiligabend eine Explosion an einer Kirche in
Bagdad. In der Nähe eines Klosters in Mosul wird eine Bombe
gefunden und entschärft. (Daniel Pipes, Vom Verschwinden der
irakischen Christen, in: New York Sun, 24.8.2004)
- 26.6.2004 - Zwei Unbekannte werfen einen Sprengsatz aus einem
silbernen Opel auf die Heilig Geist Kirche (al-Rooh al-Qudos) im
Akha` Viertel in Mosul. Bei der Explosion wird die Schwester des
Priesters verletzt. (www.christiansofiraq.com,
3.12.2004)
- 1.8.2004 - Bei Anschlägen gegen vier christliche Kirchen
in Bagdad und eine Kirche in Mosul werden zwölf Menschen
getötet und 61 verletzt. Ein weiteres Attentat kann
verhindert werden. Die Anschläge richten sich gegen eine
syrisch-katholische, eine armenisch-katholische, zwei
römisch-katholische und eine chaldäische Kirche. (Beate
Seel, Christen werden zu Anschlagszielen, in: taz, 3.8.2004, S.
10, www.faz.net, 17.10.2004; www.kath.net, 26.10.2004, Daniel
Pipes, Vom Verschwinden der irakischen Christen, in: New York
Sun, 24.8.2004)
- 10.9.2004 - Die Kirche Sankt Georg und die Wohnung von Pater
Sabah Kamura in Doura, in einem Vorort von Bagdad, werden Ziel
eines Anschlags mit Handgranaten und Maschinengewehrfeuer. Der
Pater entgeht dem Attentat nur knapp. (www.kath.net, 28.9.2004)
- 11.9.2004 - Im Zentrum von Bagdad explodiert eine Autobombe
an der Virgin Mary Seventh-Day Kirche der Adventisten im
Al-Sa'doun Park. (www.christiansofiraq.com,
3.12.2004).
- 9.10.2004 - Bei der assyrischen anglikanischen Kirche bei der
al-Andalus Straße in Bagdad explodiert in der Nacht eine
Bombe (www.christiansofiraq.com,
3.12.2004).
- 16.10.2004 - Gegen sechs christliche Kirchen in Bagdad werden
Anschläge verübt. Dabei wird eine Person getötet
und neun weitere verletzt. Die Kirchen werden zum Teil schwer
beschädigt; die aus Holz gebaute römisch-katholische
Kirche Sankt Georg brennt vollständig ab. Die Anschläge
am zweiten Tag des Ramadan waren, so die SZ, offensichtlich
gezielt geplant. (www.faz.net,
17.10.2004; www.sueddeutsche.de,
17.10.2004).
- 8.11.2004 - Bei Anschlägen auf zwei orthodoxe Kirchen in
Bagdad kommen mindestens acht Personen ums Leben. Die
Anschläge richten sich gegen die syrisch-orthodoxe Kirche
St. Georg und die St. Matthäus Kirche der assyrischen Kirche
des Ostens. Bei den Anschlägen sei, so Cindy Wooden vom
Catholic News Service, auch die chaldäische Kirche St. John
beschädigt worden. (www.christiansofiraq.com,
8.11.2004)
- 7.12.2004 - Sprengsätze explodieren in zwei Kirchen in
Mosul: Die neue, noch nicht eröffnete armenisch-orthodoxe
Kirche in dem Viertel Al Wihda wird um 14.30 Uhr angegriffen.
Dabei werden drei Personen verletzt. Die chaldäische Kirche
Al Tahira und Erzdiözese in dem Stadtteil Alshafa wird um
16.30 Uhr angegriffen. Bewaffnete Männer bringen die
Gläubigen aus der Kirche, bevor sie die Explosion
lösen. (Rev. Emmanuel aus dem Irak, 8.12.2004).