Bozen, 2. Februar 2005
Der Europarat hat Österreich auf die Einhaltung der
Charta der Regional- und Minderheitensprachen gedrängt.
Besonderen Wert legt der Europarat auf die Verwendung von
Minderheitensprachen bei Behörden und Gerichten. Der Rat der
Minister im Europarat hatte am 19. Jänner 2005 die bereits
seit Juni des vorigen Jahres vorliegenden, aber bis jetzt
vertraulichen Empfehlungen eines Expertenkomitees angenommen. Aus
der umfangreichen Analyse des Expertenkomitees auf 74 Seiten
nennt der Europarat sechs Punkte als vordringlich, die
Österreich nach dem Vertrag der Charta einzuhalten hat.
Darüberhinaus finden sich in dem Expertenbericht eine
Fülle von Anmerkungen, wo Österreich zu einer
Klärung oder direkt zu einer Verbesserung der Situation
aufgefordert ist. Nur eine Minderzahl von Punkten in dem Vertrag
sieht der Europarat als erfüllt an.
Österreich soll dringend die Sprachen des Teils II der
Charta (Burgenland-Kroatisch, Roman, Slowakisch, Slowenisch,
Tschechisch, Ungarisch) fördern und die Bedingungen für
den Gebrauch dieser Sprachen im täglichen Leben verbessern.
Außerdem soll die Regierung das entsprechend dem Urteil des
Verfassungsgerichtshofes zum Gebrauch der slowenischen Sprache
vor Verwaltungsbehörden in Kärnten ohne
Verzögerung eingführen, garantieren, dass der
zweisprachige Unterricht an allen relevanten Schulen in
Burgenland stattfindet; dass Änderungen am Status der
Schulen im slowenischen Sprachbereich den Slowenisch-Unterricht
nicht negativ beeinflussen; dass Burgenland-Kroaten, Slowenen und
ungarisch-Sprechende ihre Sprache vor Gerichts- und
Verwaltungsbehörden in der Praxis verwenden können und
der Umfang der Radiosendungen in Burgenland-Kroatisch und
Ungarisch sowie den Umfang der Fernsehsendungen in
Burgenland-Kroatisch, Slowenisch und Ungarisch erhöht
wird.
Das Expertenkomitee stuft in seinem Bericht das
Volksgruppenzentrum gleichrangig mit der Konferenz der
Vorsitzenden und Vorsitzenden-Stellvertreter der
Volksgruppenbeiräte ein. Eine der zahlreichen Anmerkungen
ist dazu, dass die Mitgliedsbeiträge der Volksgruppenvereine
für das Zentrum vom Bundeskanzleramt nicht als
förderbare Ausgaben anerkannt werden. Eine interessante
Anmerkung in dem Bericht des Expertenkomitees betrifft die
Anerkennung der Polen als Volksgruppe. Hier wurde ja ein
entsprechender Antrag abgewiesen. Das Expertenkomitee fordert
auf, die Verwendung der polnischen Sprache in Österreich zu
überprüfen und das Ergebnis dieser Untersuchung in dem
nächsten Bericht vorzulegen. Vom 9. bis 12. Dezember 2003
hatte ein Expertenkomitee die Einhaltung der Charta der Regional-
und Minderheitensprachen durch Österreich
überprüft. In insgesamt 23 Sitzungsterminen in
Klagenfurt und Wien hat die Delegation unter der Leitung des
dänischen Höchstrichters John Lundum bei
Gesprächen mit Vertretern der anerkannten
österreichischen Volksgruppen sowie der Steirischen Slowenen
und der Polen, dem Österreichischen Volksgruppenzentrum, des
ORF und anderer Medien, Landes- und Bundespolitikern sowie
Beamten die Situation der einzelnen Volksgruppen erhoben.