Bozen, Berlin, Göttingen, 6. Februar 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am
Montag die öffentliche Debatte über einen
möglichen Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Kongo
kritisiert. "Diese Diskussion ist schon deshalb bizarr, weil sie
mögliche politische Initiativen der EU zur Stabilisierung
des Kongo an den Rand drängt", meinte der GfbV-
Afrikareferent Ulrich Delius. Die Entsendung von einigen hundert
Soldaten aus Europa allein werde Frieden und Demokratie dort nur
wenig fördern können. Doch sollte sich die EU dazu
entschließen, Soldaten zur Sicherung der für April
geplanten Wahlen in den Kongo zu entsenden, dann sollte sich
Deutschland auch an einer solchen Mission beteiligen. Vier
Millionen Kriegstote seit 1996 in dem zentralafrikanischen Land
verpflichteten auch Deutschland, nicht untätig zu bleiben,
wenn die Vereinten Nationen um Hilfe bitten würden. Ein
solcher Militäreinsatz mit nur einigen Hundertschaften habe
allerdings mehr symbolische Bedeutung.
"Entscheidender ist, was die EU unternimmt, um die massiven
Menschenrechtsverletzungen ihrer offiziellen kongolesischen
Partner zu stoppen und den schleppenden Aufbau eines
Rechtsstaates im Kongo gezielter zu fördern", sagte Delius.
Zwar leiste die EU massive finanzielle Hilfe für den Kongo,
doch in fast allen Bereichen der Förderung seien die
gesetzten Ziele bislang nicht erreicht worden. So müsse die
EU die von ihr koordinierte Reform der neuen kongolesischen Armee
(FARDC) vorantreiben, den Aufbau einer unabhängigen Justiz
stärker fördern, die Korruption effektiver
bekämpfen und auf einer Beachtung der Meinungs-, Presse- und
Versammlungsfreiheit bestehen.
Wie groß der Handlungsbedarf allein bei der Reform der
neuen kongolesischen Armee sei, machten jüngste Berichte der
UN- Friedenstruppen MONUC über massive
Menschenrechtsverletzungen der FARDC deutlich. Mehrere Dutzend
Vergewaltigungen, extralegale Hinrichtungen, willkürliche
Verhaftungen und Vertreibungen von Zivilisten durch Soldaten der
neuen regulären Armee waren in den Monaten November und
Dezember 2005 von der MONUC registriert worden. "Wenn die EU hier
nicht auf größeren Respekt vor den Menschenrechten
dringt, wird die FARDC bereits ihre Glaubwürdigkeit bei der
Zivilbevölkerung verloren haben, bevor sie endgültig
aufgebaut ist", warnte Delius.