Bozen, 19. Juni 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker - Südtirol
(GfbV) hat die heute in 18 Gemeinden in Süd-Kärnten
gestartete Ortstafelumfrage als einen Versuch von Landeshauptmann
Jörg Haider kritisiert, die slowenische Sprachgruppe noch
stärker auszugrenzen. Die Befragung kommt einer sanften
Variante einer ethnischen Säuberung gleich. Eine von Haider
ursprünglich geplante Volksbefragung auf Landesebene war von
der Landeswahlbehörde abgelehnt worden. Die nunmehrige
"Ortstafel-Urabstimmung" läuft bis Freitag.
Die vom österreichischen Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel vorgelegte Ortstafellösung, erzwungen durch
ein entsprechendes Urteil des Verfassungsgerichts, wird von
Haider als zu großzügig abgelehnt. Die
Schüssel-Variante enthält auch Ortschaften, in denen
der Anteil der slowenisch sprechender Bevölkerung unter zehn
Prozent liegt.
Haider drängt auf einen höheren Prozentsatz, der dann
mit einem Verfassungsgesetz auf Dauer verbindlich sein muß.
In seinem Schreiben an die Bürger der betroffenen Gemeinden
betont Haider, dass "wir jetzt gemeinsam einen Schlussstrich
unter den 30-jährigen Ortstafel-Streit ziehen und eine
endgültige, durch ein Verfassungsgesetz unangreifbare
Lösung in der Kärntner Ortstafel-Frage erreichen
wollen". Fakt ist, daß Haider die deutschsprachige Mehrheit
über Minderheitenbelange und über ein Urteil des
Verfassungsgerichts abstimmen läßt. Laut
Volkszählung stellen in mehr als 300 Ortschaften die
slowenischsprachigen Bürger zehn Prozent der
Bevölkerung. Die von Schüssel vorgeschlagenen 158
Ortstafeln stellen laut dem Rat der Kärntner Slowenen nur
einen ersten Schritt da.
Haider versucht, den eh schon dürftigen Kompromiss zu
verhindern, ändert einseitig den österreichischen
Staatsvertrag ab, den den Minderheitenschutz regelt. Die
GfbV-Südtirol unterstützt den Rat der Kärntner
Slowenen, der sich deshalb an die Unterzeichnerstaaten des
Staatsvertrages, an die slowenische "Schutzmacht" und auch an die
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit OSZE wenden
will. Haider verteidigt die Befragung als einen Versuch,
"für alle Zeiten" zu regeln und den "soziale Friede in
Kärnten" wieder herzustellen. Es ist der Landeshauptmann der
mit seiner antislowenischen Politik den sozialen und ethnischen
Frieden gefährdet. Er gefährdet damit letztendlich das
Image Österreichs als erfolgreiche Schutzmacht für
Südtirol.
Die 18 betroffenen Gemeinden
sind:
Ebenthal/Žrelec, Feistritz im Rosental/Bistrica v Rožu,
Ferlach/Borovlje, Keutschach/Hodiše,
Köttmannsdorf/Kotmara vas, Ludmannsdorf/Bilcovs, St.
Margareten im Rosental/Šmarjeta v Rožu, Zell/Sele,
St. Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu,
Bleiburg/Pliberk, Eberndorf/Dobrla vas,
Eisenkappel-Vellach/Železna Kapla-Bela, Feistritz ob
Bleiburg/Bistrica nad Pliberkom, Gallizien/Galicija,
Globasnitz/Globasnica, Neuhaus/Suha, Sittersdorf/Žitara vas,
St. Kanzian am Klopeinersee/Škocjan ob Klopinjskem
jezeru.