Bozen, 12. Januar 2006
Österreich steht seit dem 1. Jänner der EU vor. Vor
sechs Jahren stellte die EU noch diese schwarz-blaue/orangene
Regierung unter Quarantäne. Die EU befürchtete,
daß die konservativ-deutschnationale Regierung
Menschenrechte von Minderheiten, Flüchtlingen und
Zuwanderern verletzen könnte. Eine Befürchtung, die so
falsch nicht war.
So waren die Roma im abgelaufenen Gedenkjahr nicht eingebunden.
Die Aufgabe der Republik und der Politik sollte es sein, dass der
Staat sich zu seiner Volksgruppe bekennt. Trotz der Bekenntnisse
zum Staatsvertrag hält sich diese Regierung nicht an die
darin enthaltenen Verpflichtungen zugunsten der
Sprachminderheiten. Dies kommt einem Rechtsbruch gleich. Der
Staatsvertrag, der Verfassungsrecht ist, ist die Magna Charta der
Minderheitenrechte in Österreich. Der Staatsvertrag ist eine
völkerrechtliche Verpflichtung.
Die Schüssel-Regierung stellt den Staatsvertrag aber zur
Disposition. Das bestätigt der Verfassungsgerichtshof, der
der Regierung vorwirft, den Staatsvertrag nicht einzuhalten bzw.
nicht umzusetzen. Die Bundesregierung ignoriert die
österreichische Verfassungsbestimmungen und setzt
Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes nicht um. Dies trifft
besonders auf die bisher unterlassene Aufstellung zweisprachiger
Ortstafeln im südlichen Kärnten zu.
Die Republik Österreich feierte im Jubiläumsjahr 2005
zwar den Staatsvertrag, nimmt aber den Inhalt nicht sonderlich
ernst. Nicht von ungefähr gibt es deshalb auch 20
Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof. Wahrscheinlich wird erst
die Internationalisierung der Ortstafelfrage zum Erfolg
führen. Die Republik Österreich hat im
Jubiläumsjahr weder die Situation der Minderheiten noch das
Angebot im zweisprachigen Bildungswesen verbessert. Nichts getan
hat sich bei den Minderheitenmedien, in der Kultur oder bei der
Förderung von privaten Vereinen. Durch die fehlende
Inflationsabgeltung wird die Förderung der
Sprachminderheiten jährlich verringert.
Es ist zu befürchten, daß für die
österreichische EU-Ratspräsidentschaft
Minderheitenanliegen kein Thema sind. Das ergibt sich aus dem
Stillstand der österreichischen Minderheitenpolitik.
Bundeskanzler Schüssel und der Kärntner Landeshauptmann
Haider treffen morgen die Bürgermeister der zweisprachigen
Gemeinden zu einem Gespräch über die Ortstafelfrage.
Ziel ist es, so das Bundeskanzleramt, konstruktive Schritte zu
einer gemeinsamen Lösung zu finden. Außen vor bleiben
die Betroffenen, die Slowenen. Aus diesem Grund ist von der
österreichischen EU-Ratspräsidentschaft kein
minderheitenpolitischer Impuls und kein entsprechend notwendiger
Akzent zu erwarten.