Logo


In: Home > News > Indiens Demokratie in Gefahr

Sprachen: DEU | ITA


Indiens Demokratie in Gefahr

Report dokumentiert gezielte Vertreibung und Zwangskonvertierung von Christen durch radikale Hindu-Organisationen in Indien

Bozen, Göttingen, 11. November 2008

Von radikalen Hindus zerstörte Kirche der Adivasi in Indien. Foto: James Albert. Von radikalen Hindus zerstörte Kirche der Adivasi in Indien. Foto: James Albert.

Die gewaltsame Vertreibung und Zwangskonvertierung von Christen in Indien wird von extremistischen Hindu-Organisationen gezielt gesteuert und gefährdet nicht nur die Religionsfreiheit, sondern auch die Demokratie auf dem Subkontinent. Zu diesem beunruhigenden Ergebnis kommt eine Untersuchungsmission der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die Ende Oktober die Lage der Christen in Orissa überprüft und ihre Recherchen jetzt in einem 20-seitigen Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Wenn Vertriebene in ihre Heimatdörfer zurückkehrten, drohe ihnen der Tod. Mehrere Rückkehrer, die sich geweigert hatten, Hindus zu werden, seien bereits ermordet worden. Auch Muslime würden Opfer von Zwangsbekehrungen. Die Menschenrechtsorganisation forderte am Dienstag ein Verbot der extremistischen Hindu-Organisationen.

Systematisch seien seit dem 24. August rund 50.000 christliche Ureinwohner und Dalits ("Unberührbare") aus ihren Dörfern vertrieben worden, um ihre Lebensgrundlage zu zerstören, berichtete die GfbV. Mehr als 4.400 ihrer Häuser seien geplündert und zerstört worden. Gezielt hätten Hindu-Aktivisten die Dächer der Lehm- und Stein-Häuser eingerissen, damit der Regen die Gebäude unbewohnbar mache.

Die als Kleinbauern und Sammler von den Früchten des Waldes lebenden Adivasi-Ureinwohner hätten in den eilig eingerichteten Flüchtlingslagern keine Perspektive. Zurückkehren könnten die Vertriebenen jedoch nur, wenn sie sich zwangsweise zum Hinduismus "bekehren" ließen. Die GfbV- Untersuchungsmission interviewte zahlreiche Opfer von Zwangskonversionen. Diese hätten schriftlich bestätigen müssen, dass sie freiwillig konvertierten und ihre Häuser selbst in Brand gesteckt hätten.

Schwere Vorwürfe erhob die GfbV auch gegen die Sicherheitskräfte des Bundesstaates Orissa. So seien Christen willkürlich festgenommen und zum Teil wochenlang unter fadenscheinigen Vorwänden festgehalten worden. Grundlos habe man sie der Verwicklung in die Ermordung eines Hindu-Führers bezichtigt und damit die Behauptung von Hindu-Extremisten gestützt, dass Christen und nicht maoistische Rebellen für den Mord verantwortlich seien.

Auch bei den Angriffen auf die Häuser der Christen hätten sich die Gewalttäter der stillschweigenden Unterstützung der lokalen Polizeikräfte sicher sein können. Diese hätten den Angehörigen der Minderheit wochenlang jeden Schutz verweigerten. Erst der Einsatz der Bundespolizei CRPF habe die Sicherheitslage spürbar verbessert. Doch sowohl Bundes- als auch Landesbehörden hätten viel zu spät und unzureichend gehandelt. Die Landesregierung von Orissa habe radikalen Hindu sogar Zugang zu der abgeriegelten Krisenregion verschafft, so dass sie die Gewalt dort weiter schüren konnten. So sei ein "Trauerzug" extremistischer Hindu genehmigt worden, der in hunderten Dörfern eine Spur der Verwüstung und des Schreckens hinterließ.