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Vermittlungsgespräche im Westsahara-Konflikt (8.-9. November)

Düstere Perspektiven für Westsahara - Kritik an zwiespältiger Haltung Europas

Bozen, Göttingen, 8. November 2010

Landschaft in der Westsahara. Landschaft in der Westsahara.

Nur wenige Chancen für eine baldige Friedenslösung im Westsahara-Konflikt sieht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Zum Auftakt von zweitägigen Friedensgesprächen zwischen der Regierung Marokkos und der Freiheitsbewegung Polisario forderte die GfbV mehr Druck Europas auf die Regierung Marokkos, damit der UN-Friedensplan für die Westsahara von 1991 endlich realisiert wird. Die bisherigen Vermittlungsgespräche scheiterten an der ablehnenden Haltung Marokkos. "Marokko kann sich seine Blockadepolitik nur leisten, weil Europa nicht mit einer Stimme spricht", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Während die Europäische Union (EU) offiziell an dem UN-Friedensplan festhält, unterstützen Frankreich und Spanien die Haltung Marokkos und untergraben so die Aussage der EU, sich für eine faire Lösung in der Westsahara-Frage einzusetzen. Diese zwiespältige Haltung Europas macht deutlich, dass die EU noch weit von einer gemeinsamen Außenpolitik entfernt ist."

Auf Einladung der Vereinten Nationen finden am 8./9. November 2010 in der Nähe von New York Konsultationen zwischen den Konfliktparteien statt, an denen auch die Nachbarländer Algerien und Mauretanien teilnehmen. Bei den informellen Gesprächen soll geklärt werden, ob sich beide Seiten auf die Aufnahme neuer Friedensverhandlungen einigen können. Marokkos Außenminister Taieb Fassi-Fihri hatte erst am 3. November 2010 eine Volksabstimmung über die Zukunft der Westsahara abgelehnt, die der UN-Friedensplan vorsieht. Streitpunkt bei der vorgesehenen Volksabstimmung ist die Frage, wer abstimmen darf. Laut UN-Plan sollen die ursprünglichen Bewohner der Westsahara, die seit der Besetzung Marokkos flohen, befragt werden und nicht wie von Marokko gewünscht auch die mit staatlicher Förderung eingewanderten marokkanischen Siedler. Ergebnislos endeten die letzten Gespräche im Bundesstaat New York im Februar 2010 und in Wien im August 2009.

Marokko, das die ehemalige spanische Kolonie 1975 völkerrechtswidrig besetzte, favorisiert hingegen eine Autonomie der Westsahara innerhalb des marokkanischen Königreiches. Unterstützung bekommt Rabat dabei von Frankreich und Spanien. So verhinderte Paris im April 2009 im Weltsicherheitsrat eine Ausweitung des Mandats der UN-Friedensmission MINURSO um die Wahrung der Menschenrechte. Frankreich baute seine wirtschaftlichen Beziehungen zu Marokko in den letzten Jahren massiv aus. Seit dem Jahr 2004 haben sich die französischen Direktinvestitionen in Marokko verdreifacht und sind mit 8,1 Milliarden Euro noch höher als in China. In keinem anderen Land haben französische Firmen im Jahr 2008 soviel investiert. Rund 750 französische Unternehmen haben im Königreich Niederlassungen. Im Jahr 2009 belief sich das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten auf sechs Milliarden Euro.

Auch die ehemalige Kolonialmacht Spanien setzt sich nicht für das Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis in der Westsahara ein, da sie auf gute politische Beziehungen zu Marokko angewiesen ist. Mit der unsicheren Zukunft seiner in Marokko gelegenen Kolonien Ceuta und Melilla sowie mit einer eventuellen Öffnung der Grenzen für afrikanische Flüchtlinge ist Spanien erpressbar. "Als Provokation kann es auch interpretiert werden, dass Marokko nun einen Überläufer der Polisario als neuen Botschafter nach Madrid schickt, um mögliche Kritik Spaniens zu unterdrücken", informierte Delius.