Logo


In: Home > News > Kosovo: Hoffnung für bleivergiftete Flüchtlinge

Sprachen: DEU | ITA


Kosovo: Hoffnung für bleivergiftete Flüchtlinge

55 Europa-Abgeordnete fordern von UN Wiedergutmachung für erkrankte Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter

Bozen, Göttingen, 6. Februar 2019

Cesmin Lug, eines der beiden Flüchtlingslager in Kosovo. Cesmin Lug, eines der beiden Flüchtlingslager in Kosovo.

In einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres haben 55 Europa-Abgeordnete Entschädigung für Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter gefordert, die nach dem Kosovo-Krieg 1999 von den Vereinten Nationen in bleiverseuchten Flüchtlingslagern untergebracht worden waren und deshalb ernsthaft erkrankt sind. "Das Engagement der Parlamentarier gibt den Opfern des unverantwortlichen Umgangs der UN mit diesen Flüchtlingen Hoffnung auf Gerechtigkeit und endlich angemessene medizinische Hilfe", sagte die Südosteuropa-Expertin der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Jasna Causevic, am Mittwoch in Göttingen.

Die Menschenrechtsorganisation setzt sich seit vielen Jahren für die Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter ein. Schon früh hat die GfbV den Verdacht, dass die fünf Camps in Nord Mitrovicë/Mitrovica ganz in der Nähe einer Bleischmelzanlage extrem verseucht waren, öffentlich gemacht und eine Evakuierung der Lager gefordert. Doch erst als ein Umweltmediziner im Auftrag der GfbV Ende Oktober 2005 Vergiftungserscheinungen bei den Flüchtlingen dokumentierte, lösten die UN die Camps allmählich auf. Das letzte Lager wurde erst 2013 geräumt. In einem 2018 veröffentlichten Bericht hat die GfbV die deprimierende Lage der Erkrankten erneut detailliert dokumentiert. Stellvertretend für die insgesamt rund 600 ehemaligen Lagerinsassen bemühen sich 192 Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter auch mit Hilfe der US-amerikanischen Anwältin Dianne Post seit 2008 um Wiedergutmachung.

"Wir, Mitglieder des Europäischen Parlaments, appellieren dringend an Sie, die längst überfälligen Schritte zu unternehmen, um zu gewährleisten, dass die Opfer der Bleivergiftung aus den verseuchten UN-Flüchtlingslagern im Kosovo eine individuelle Entschädigung, entsprechende medizinische Versorgung und Unterstützung in der Bildung erhalten", heißt es in dem Schreiben der EU-Abgeordneten, das die sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Kati Piri (Niederlande) und Soraya Post (Schweden) initiiert haben. Unterzeichnet haben es auch die deutschen EU-Abgeordneten Michael Detjen (SPD), Cornelia Ernst (Grüne), Rebecca Harms (Grüne), Knut Fleckenstein (SPD), Romeo Franz (Grüne), Barbara Lochbihler (Grüne), Norbert Neuser (SPD). Bisher wollen die UN keine Wiedergutmachung zahlen, obwohl der Menschenrechtsausschuss der UN-Mission im Kosovo "Human Rights Advisory Panel" (HRAP) dies empfohlen hatte. Die Flüchtlinge führen auch eine Reihe von Todesfällen auf Bleivergiftung zurück.

"Die UN-Reaktion war unzureichend", kritisierten die Europa-Abgeordneten. "Sie haben 2017 einen freiwilligen Treuhandfonds der Vereinten Nationen eingerichtet, der keine individuelle Entschädigung anbietet und nicht speziell auf die von Bleivergiftung Betroffenen abzielt (...)." Zudem seien bisher alle Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter leer ausgegangen, denn selbst in diesen Fonds habe kein Staat eingezahlt, sagte Causevic. Schon Ende November hatte das Europäische Parlament die Vereinten Nationen aufgefordert, den Opfern der Bleivergiftung rasch die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.