Offener Brief an den EU-Ratsvorsitzenden Ministerpräsident Silvio Berlusconi und an Außenminister Franco Frattini
Bozen, 17. November 2003
Sehr geehrte Herren,
Es ist uns völlig unverständlich, wie Sie sich für
den Sturz des Saddam Hussein-Regimes im Irak und für einen
demokratischen Wiederaufbau engagieren, gleichzeitig aber
äußerst eng mit dem russischen Präsidenten
Wladimir Putin zusammenarbeiten. Putin ist verantwortlich
für einen besonders schmutzigen Krieg gegen die
tschetschenische Zivilbevölkerung mit tausenden Toten und
Vertreibungen. Die Hauptverantwortung dafür tragen russische
Sicherheitskräfte.
Unter dem Vorwand der Anti-Terror-Bekämpfung überzieht
die russische Polizei und Armee Tschetschenien mit Terror. Die staatlichen
Sicherheitsorgane Rußlands sind für den Terror in
Tschetschenien verantwortlich. Das Europaparlament und auch der
Europarat haben Rußland für seine
völkermordartige Praktiken in Tschetschenien verurteilt. Wir
bitten Sie, Ihren Einfluß als EU-Ratsführung geltend
zu machen und Ihren Freund Wladimir Putin dazu zu drängen,
den Krieg in Tschetschenien zu beenden.
Wir appellieren an Sie, sich für die Kinder in
Tschetschenien zu engagieren. Wir erinnern daran, dass zu
Weihnachten 2003 viele Kinder in Tschetschenien um ihre Eltern
weinen, dass weiterhin gestorben und gelitten wird, auch wenn
Medien und Politiker schweigen.
Zu Weihnachten wird die Friedensbotschaft verkündet, in
früheren Jahrhunderten wurden Kriege während der
Festtage unterbrochen. Weihnachten 2003 leiden die Kinder in
Tschetschenien weiter. Nahezu 50.000 Kinder sind durch den Krieg
verwaist und über 10.000 sind Kriegsinvaliden. Zehntausende
verbringen den vierten Kriegswinter in den Flüchtlingslagern
in Inguschetien. 2002 gab es weltweit mit 5.698 Personen die
meisten Minenopfer in Tschetschenien, viele davon waren Kinder.
Die Krankenhäuser der Provinz Bozen und der Provinz Genua
haben sich dazu bereit erklärt, tschetschenische Kinder
medizinisch zu versorgen. Doch diese humanitäre Hilfe wird
in Italien diplomatisch bzw. bürokratisch behindert.
Auf einer Informationsreise durch Italien informierte auf
Einladung des Radikalen Europaparlamentariers Olivier Depuis Umar
Khanbiev, Gesundheitsminister der tschetschenischen
Exilregierung, über die humanitäre Versorgung in
Tschetschenien: 30.000 Kinder benötigen dringend eine
intensive medizinische Betreuung. Nach einem Besuch Khanbiev in
Südtirol und in Genua erklärten sich die
Krankenhäuser von Bozen und Genua bereit, einige dieser
Kinder aufzunehmen. Doch die Kinder erhalten kein italienisches
Visum.
Vertreter Ihrer Koalition haben sich gegen das Vorhaben
ausgesprochen. Die Initiative von Dupuis ist aber keine
politische, sondern ausschließlich eine humanitäre
Hilfe. Dieser humanitären Initiative dürfen nicht
diplomatische bzw. bürokratische Hürden im Weg gestellt
werden. Wir unterstützen den Appell des radikalen
EU-Abgeordneten Dupuis an das italienische
Außenministerium, die Einreise der tschetschenischen Kinder
baldigst zu ermöglichen. Die italienische Regierung sollte
die Initiative der Provinz Bozen und der Provinz Genua
unterstützen und nicht durch bürokratische Hürden
erschweren. Mit einem Einreise-Verbot der tschetschenischen
Kinder führen Sie Ihr Engagement im Irak ad absurdum.