Bozen, Göttingen, 1. September 2004
Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verurteilt die
Terrorakte tschetschenischer Attentäter und Geiselnehmer als
verbrecherische Reaktion auf den Völkermord in ihrem Land
auf das Schärfste. Die tschetschenischen Verantwortlichen
für die Kriegsverbrechen der letzten Tage müssen
genauso vor einem internationalen Tribunal zur Rechenschaft
gezogen werden wie der Hauptverantwortliche für das Morden
im Kaukasus, der russische Präsident Wladimir Putin und
seine Helfer.
An alle erreichbaren tschetschenischen Gruppierungen wird sich
die GfbV mit der Forderung wenden, sich klar von den Attentaten
und Geiselnahmen zu distanzieren und Terror zur Durchsetzung
ihrer Ziele abzulehnen.
Gleichzeitig betont die GfbV, dass sich Russland nach der UN-
Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords
von 1948 des Genozids an den Tschetschenen schuldig gemacht hat.
Innerhalb von zehn Jahren (1994 bis 1996 und 1999 bis heute)
wurden dort zwei Mal schätzungsweise 80.000 Menschen
vernichtet. Dies sind etwa 20% der tschetschenischen
Bevölkerung. Alle Völkermordverbrechen - die
systematische Bombardierung ziviler Ziele, von
Flüchtlingstrecks und Hilfsfahrzeugen, massenhafte
Vertreibungen der Hälfte der tschetschenischen
Bevölkerung, Massaker, Folter, Vergewaltigungen,
Verschleppungen und die Zerstörung von Dörfern und
Städten, insbesondere der tschetschenischen Hauptstadt
Grosny, der Infrastruktur und der ökologischen sowie
ökonomischen Grundlage des Lebens in Tschetschenien - sind
in großer Zahl dokumentiert.
Schwere Mitschuld an dem russischen Genozid in Tschetschenien
trägt nach Auffassung der GfbV Bundeskanzler Gerhard
Schröder. Indem er das unerbittliche Vorgehen Wladimir
Putins gegen Tschetschenien unterstützt, trägt er zur
Eskalation der Gewalt bei. Zuletzt hatte Schröder nach dem
Dreiergipfel in Sotschi am 30. und 31. August Putin bestärkt
und groteskerweise behauptet, er habe keinen Anhaltspunkt, die
Wahlen in Tschetschenien vom 29. August als undemokratisch zu
bezeichnen. Unabhängige Journalisten und Menschenrechtler
hatten zahlreiche Verstöße und Manipulationen
dokumentiert.
Leidtragende der ständigen Kriegsverbrechen der russischen
Armee und der terroristischen Verbrechen tschetschenischer
Extremisten sind tschetschenische und russische Zivilisten. Um so
unverständlicher ist die kompromisslose Unterstützung
der russischen Tschetschenienpolitik durch den deutschen
Bundeskanzler.