Bozen, Göttingen, 9. September 2004
Die Gesellschaft für
bedrohte Völker (GfbV) hat der Volksrepublik China am
Donnerstag vorgeworfen, mit ihrer bereits angekündigten
Blockade von UN-Sanktionen gegen den Sudan den Völkermord in
Darfur zu verlängern. "Es wäre eine
Bankrotterklärung für das Engagement der Vereinten
Nationen für Menschenrechte, wenn ein Staat wie die
Volksrepublik China mit seinem Veto den Weltsicherheitsrat
international lächerlich macht", kritisierte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Statt der Eindämmung des
Genozids oberste Priorität zu geben, denke China nur an
seine eigene Energieversorgung sowie an die Wahrung seiner
wirtschaftlichen Interessen im Sudan. Doch nur ein Ölembargo
könne den Druck auf die sudanesische Führung
erhöhen, die Verbrechen an der Zivilbevölkerung in
Darfur endlich zu beenden. Peking lehnt ein von den USA
vorgeschlagenes Ölembargo gegen den Sudan ab, über das
der Weltsicherheitsrat am Donnerstag berät.
Chinas Öl-Durst hat in den vergangenen Wochen weltweit zu
einer Verknappung der Ölreserven sowie zu einer deutlichen
Erhöhung der Rohstoffpreise geführt. Allein im Jahr
2004 wird Chinas Energiebedarf voraussichtlich um 15 Prozent
steigen. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres waren die
chinesischen Ölimporte gegenüber dem Vorjahr um rund 40
Prozent gestiegen. Der Sudan wird dabei zu einem immer
wichtigeren Rohstofflieferanten der Volksrepublik. Schon heute
stammen sechs Prozent der Ölimporte Chinas aus dem
afrikanischen Staat. Dieser Anteil soll in den kommenden Jahren
noch deutlich erhöht werden. So kündigte das
sudanesische Energie-Ministerium am 29. Februar 2004 an, die
tägliche Fördermenge bis zum zweiten Halbjahr 2005 von
312.000 Barrel Öl auf 500.000 Barrel steigern zu wollen. Der
Öl-Export ist heute der wichtigste Devisenbeschaffer des
Sudan und bringt jährlich rund zwei Milliarden US-Dollars in
die sudanesischen Staatskassen. Dank dieser Einnahmen konnten die
sudanesischen Machthaber erst kürzlich neue
Rüstungsgüter in Russland erwerben.
Auch wirtschaftlich ist China am Ausbau der sudanesischen
Ölindustrie massiv beteiligt. Der staatliche Öl-Konzern
China National Petroleum Corporation (CNPC) ist mit 40 Prozent
der bedeutendste Anteilseigner an dem Ölkonsortium Greater
Nile Petroleum Operating Company (GNPOC), das die zwei
wichtigsten Ölfelder in der Provinz Western Upper Nile
kontrolliert. Von Sommer 2005 an wird die CNPC darüber
hinaus auch Öl im Melut-Becken östlich des Nils
fördern. Chinesische Firmen bauen bereits an einer 1.392
Kilometer langen Pipeline vom Melut-Becken zum Hafen Port Sudan
sowie an einem 215 Millionen US-Dollars teuren Umschlagterminal
für Öl-Exporte in der Hafenstadt am Roten Meer.