Bozen, Göttingen, 23. September 2004
Die zu einer langjährigen Haftstrafe in China verurteilte
uigurische Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer erhält den Rafto
Erinnerungspreis 2004. Wie die bekannte norwegische Rafto
Stiftung am Donnerstagmittag in Bergen bekannt gab, soll mit der
Preisverleihung nicht nur das Lebenswerk der 57-Jährigen
geehrt, sondern auch nachdrücklich an die chinesischen
Behörden appelliert werden, die Menschenrechte der Uiguren
im Nordwesten Chinas zu achten. Die Auszeichnung wird verfolgten
Menschenrechtlern jedes Jahr in Erinnerung an den 1986
verstorbenen Professor Thorolf Rafto verliehen, der sein Leben
dem Kampf gegen Verfolgung und Unterdrückung gewidmet hatte.
Vier der Preisträger wurden inzwischen auch mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Rebiya Kadeer wurde 1999 in China verhaftet, als sie
Rechercheuren des US-Kongresses ein Päckchen mit frei in
China verkäuflichen Zeitungen übergeben wollte. Wegen
des "Verrats von Staatsgeheimnissen" wurde sie im März 2000
in einem Unrechtsprozess zu acht Jahren Gefängnis
verurteilt. Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) beteiligte sich mit mehreren groß angelegten
Kampagnen an Protesten aus aller Welt gegen diese Haftstrafe. Das
Strafmaß wurde schließlich reduziert, so dass die
Mutter von elf Kindern nun am 12. August 2006 freikommen
soll.
In den 80er Jahren hatte Rebiya Kadeer in China eine
Traumkarriere als Unternehmerin gemacht, bevor sie politisch in
Ungnade fiel. Sie hatte als Wäscherin begonnen, ihren
Lebensunterhalt zu verdienen. Innerhalb weniger Jahre wurde sie
Millionärin und setzte sich vor allem für die Rechte
uigurischer Frauen ein. Systematisch förderte sie die
berufliche Ausbildung dieser muslimischen Frauen in Ostturkestan,
der chinesischen Autonomen Region Xinjiang. Dort wurde sie
aufgrund ihres sozialen Engagements zu einer der beliebtesten
Persönlichkeiten. Nachdem ihr Mann 1996 in die USA geflohen
war, hatten die chinesischen Behörden sie aufgefordert, sich
scheiden zu lassen. Als sie sich weigerte, verlor sie ihr
Parlamentsmandat und wurde unter dem Vorwand des Geheimnisverrats
verhaftet.
Die muslimischen türksprachigen Uiguren in Ostturkestan
klagen über zunehmende Verfolgung durch das chinesische
Regime. Allein in diesem Jahr wurden 50 Uiguren zum Tode
verurteilt. Wer sich friedlich für den Erhalt der
uigurischen Sprache und Kultur oder für mehr lokale
Mitbestimmungsrechte einsetzt, wird als "Terrorist"
kriminalisiert.