Bozen, Göttingen, 13. Juni 2006
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
Regierung Ugandas am Dienstag vorgeworfen, die Suche nach einer
Friedenslösung in Norduganda zu blockieren und damit den Tod
tausender Menschen in Kauf zu nehmen. "Angesichts einer sich
ausbreitenden Cholera-Epidemie in den Flüchtlingslagern in
Norduganda, ist das mangelnde Friedensengagement der ugandischen
Regierung unverantwortlich", erklärte der GfbV-
Afrikareferent Ulrich Delius. Die Lage der 1,8 Millionen
Flüchtlinge und Vertriebenen werde immer verzweifelter. Der
Cholera, die Mitte Mai in den großen Lagern ausgebrochen
sei, seien bereits neun Menschen zum Opfer gefallen. Mehr als 600
Personen seien mit der Bakterien-Erkrankung schon
infiziert.
Die Provinzregierung des Südsudan hatte für diese
Woche Friedensgespräche zwischen ugandischen Rebellen der
Lord's Resistance Army (LRA) und der ugandischen Regierung
vermittelt. Sie sind jedoch gescheitert, weil Kampala sich
geweigert hat, mit LRA-Rebellen zu verhandeln, die vom
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl
gesucht werden. "Dafür hat die ugandische Regierung jedoch
selbst gesorgt", sagte Delius. "Gleichzeitig will sie jetzt nur
mit LRA-Führern verhandeln, die unmittelbare
Entscheidungsgewalt über die gesamte Rebellenbewegung haben,
und das sind genau die von Interpol Gesuchten." Zum wiederholten
Male ignoriere Kampala Friedensappelle aus dem Norden des Landes
und setze ausschließlich auf eine militärische
Lösung des Konflikts, kritisierte Delius. Seit Jahren werde
behauptet, die Zerschlagung der LRA stehe unmittelbar bevor. Doch
darauf warte Norduganda schon seit 20 Jahren. Erst vergangene
Woche hatten der Vereinte Christen-Rat Ugandas und der Neue
Sudanesische Kirchenrat in einer gemeinsamen Erklärung an
die Regierung appelliert, den südsudanesischen
Vermittlungsversuch ernst zu nehmen.
Die Armee hat die Zivilbevölkerung unter dem Vorwand der
Rebellenbekämpfung seit 1996 aus ihren Dörfern in
weiten Regionen Nordugandas vertrieben. 90 Prozent der dort
ansässigen Acholi-Volksgruppe müssen in
Flüchtlingscamps leben. 63 Prozent der Bevölkerung
lebten unterhalb der Armutsgrenze, 47 Prozent hätten eine
Lebenserwartung unter 40 Jahren, 25 Prozent ihrer Kinder seien
unterernährt. Angesichts der dramatischen Verelendung der
Acholi fordern Sprecher der Vertriebenen eine schnelle
Rückkehr in die Dörfer. Doch seit Jahresbeginn wurde
nur in den Regionen Teso und Lango 400.000
Binnenflüchtlingen die Rückkehr gestattet. Aufgrund
internationalen Druckes will Kampala die in den Distrikten Gulu,
Kitgum und Pader in Camps festgehaltenen 1,8 Millionen
Vertriebenen allenfalls in kleinere Lager verlegen.