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Europäischer Tag der Sprachen (26.9.)

Die Halbherzigkeit von Mitte-Links

Bozen, 25. September 2006

Anlässlich des Europäischen Tags der Sprachen stellt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Südtirol fest, dass die Ministerin für Regionen Linda Lanzillotta in der Frage der Sprachminderheiten bisher kein großes Engagement gezeigt hat. Sie sollte mit der Einberufung der Ständigen Konferenz der Sprachminderheiten endlich ein Zeichen setzen. Die Regierung soll deshalb auch die Charta der Regional- und Minderheitensprachen ratifizieren.

Die Mitte-Rechts-Regierung konnte nur eine dünne Bilanz ihrer Minderheitenpolitik vorlegen. Die Berlusconi-Regierung stellte für die kleinen Sprachgruppen zwar die notwendigen Geldmittel gemäß dem Minderheiten-Rahmengesetz zur Verfügung. Laut diesem Gesetz erhalten die Sprachminderheiten für die Förderung ihrer Sprachen an den Schulen und für die Anwendung ihrer Sprache bei den Behörden entsprechende Finanzen. 2001 finanzierte die Regierung 47 minderheitensprachliche Schulprojekte in der Höhe von 5,5 Millionen Euro. Die Sprachminderheiten reichten insgesamt 180 Projekte ein. Im Schuljahr 2002/03 finanzierte der Staat 92 von insgesamt 112 eingereichten Projekten. Der Vorsitzende des Confemili (Comitato Nazionale Federativo minoranze linguistiche d'Italia), Domenico Morelli, kritisiert aber die teilweise späte Auszahlung. Mit diesem Rahmengesetz als Durchführungsbestimmung zum Artikel 6 bekennt sich die Republik zu den Sprachminderheiten und damit auch zur zur autochthonen Mehrsprachigkeit.

Diese ist aber mehr als gefährdet. Das ergab die Studie Euromosaic der EU-Kommission von 1996. Von den 13 Sprachminderheiten Italiens sind weit mehr als die Hälfte in ihrer Substanz gefährdet und bedroht. Laut "euromosaic" gelten die albanische, griechische (Apulien und Kalabrien), die katalanische (Sardinien), die kroatische (Molise), die okzitanische Sprachminderheit (Piemont) und die sardische Sprache als "begrenzt" bzw. "nicht überlebensfähig". Als "bedroht" gelten Französisch (Aosta), Friulanisch und Slowenisch (Friaul).

Die Mitte-Links-Regierung soll auch das von Alleanza Nazionale blockierte Slowenen-Gesetzes umsetzen. Auf Druck der extrem-nationalistischen anti-slowenischen Triestiner Alleanza Nazionale ließ die Berlusconi-Regierung das Slowenen-Gesetz, vom Parlament bereits 2001 verabschiedet, unangetastet. Die Rechte wehrt sich vehement gegen die Umsetzung der Zweisprachigkeit, wie im Slowenen-Gesetz (Nr. 38) aber auch im Rahmengesetz (Nr. 482 vom 15. Dezember 1999) vorgesehen. In einigen Dörfern und Weilern in der Umgebung von Triest, Gorizia und Muggia und in weiteren 29 Gemeinden entlang der italienisch-slowenischen Grenze können zweisprachige Ortstafeln errichtet werden. Die beiden Gesetze sehe auch die Ausgabe von zweisprachigen Dokumenten vor. Einige Ämter sollen zur Zweisprachigkeit verpflichtet werden. Die Mitte-Links-Regierung sollte endlich auch das Slowenen-Gesetz auf den Weg bringen.

Völlig enttäuscht reagiert Confemili-Vorsitzender Domenico Morelli auf die Aussperrung der Sprachminderheiten vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Morelli warf Telekommunikationsminister Gasparri und der RAI-Führung vor, die Medienbestimmungen aus dem Minderheitenschutzgesetz ignoriert und boykottiert zu haben. Die Regierung soll endlich Maßnahmen ergreifen, damit alle Sprachminderheiten eine angemessene Präsenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten und zwar zur Sicherung des Rechts zu informieren und informiert zu werden. Die gesetzliche Grundlagen dafür sind gegeben, durch das Minderheitenschutzgesetzt (Nr. 482), durch die ratifizierte Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates und durch den EU-Vertrag von Maastricht, der in den Artikeln 126 und 128 im sprachlichen und kulturellen Pluralismus eine Grundlage für das gemeinsame europäische Haus sieht.

Das European Roma Rights Centre (ERRC) hat dem Berlusconi-Staat vorgeworfen, die Angehörigen der Sinti und Roma aus ethnischen Gründen zu diskriminieren. Allein deren "Unterbringung" in "campi nomadi" ist laut ERRC eine eklatante Verletzung der Menschenrechte, weil eine offensichtliche und totale Ausgrenzung. Italien ist das einzige EU-Land mit einem öffentlich organisiertes Netz an Ghettos. Damit wird den Roma die Teilnahme an der Gesellschaft oder auch nur den Kontakt mit ihr oder die Integration unmöglich gemacht.


Siehe auch:
* www.gfbv.it: www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060920de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060316de.html | www.gfbv.it/3dossier/eu-min/it-mayr.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2006/060310bde.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050427de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/2005/050201de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040616de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040526ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040330de.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040319ade.html | www.gfbv.it/2c-stampa/04-1/040318de.html | www.gfbv.it/3dossier/rom-dt.html | www.gfbv.it/3dossier/linkgfbv.html#rom

* www: www.affariregionali.it | www.who.int | www.eumap.org | www.errc.org

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