Bozen, Göttingen, 10. September 2007
Äthiopiens Feiern zum Beginn eines neuen Jahrtausends
(Enkutatash), die gemäß dem Julianischen Kalender am
kommenden Mittwoch stattfinden werden, werden von schweren
Menschenrechtsverletzungen und der Angst vor einem neuen Krieg
mit Eritrea überschattet. Die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) kritisierte am Montag, dass äthiopische
Truppen im Nachbarland Somalia und in der Region Ogaden im Osten
Äthiopiens für schwere Menschenrechtsverletzungen
verantwortlich seien. In Somalia unterscheide die Armee nicht
zwischen Zivilbevölkerung und Konfliktgegnern. Berichten von
Augenzeugen zufolge werden dort rücksichtslos zivile Ziele
bombardiert.
Auch im Ogaden sei die Lage der Zivilisten dramatisch. Bei der
Bekämpfung einer Widerstandsbewegung betreibe die Armee hier
mit der Zerstörung von Dörfern eine Politik der
verbrannten Erde. Pauschal werde jeder verdächtigt, die
aufständische Ogaden National Liberation Front (ONLF) zu
unterstützen. Da die internationalen Helfer, unter ihnen
auch das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), auf
Anordnung der Behörden das Gebiet verlassen mussten,
verschlechtere sich die humanitäre Lage zusehends.
"Nach dem Scheitern einer neuen Gesprächsrunde mit dem
Nachbarland Eritrea zur Regelung der Grenzfrage droht ein neuer
Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea", warnte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Beide Staaten machten sich
gegenseitig für die Eskalation der Spannungen
verantwortlich. Äthiopien weigere sich bis heute beharrlich,
die Empfehlungen der Unabhängigen
Eritreisch-Äthiopischen Grenzkommission zur neuen
Grenzziehung umzusetzen. Die Kommission war eingesetzt worden,
nachdem im Dezember 2000 ein Friedensabkommen zwischen beiden
Staaten unterzeichnet worden war. Es beendete einen Krieg
zwischen Eritrea und Äthiopien, dem zwischen 1998 und 2000
mehr als 100.000 Menschen zum Opfer fielen.
Auch aus dem Westen Äthiopiens gebe es beunruhigende
Nachrichten, sagte Delius. Seit Juli 2007 seien dort mehr als 100
Angehörige der Volksgruppe der Oromo willkürlich
inhaftiert worden. In Äthiopien sitzen bereits mehrere
tausend Oromo meist ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis.
Ihnen wird vorgeworfen, die Freiheitsbewegung Oromo Liberation
Front (OLF) unterstützt zu haben.