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Bozen, Bern, Göttingen, Wien, 31. Mai 2011
Frau Präsidentin Dilma Vana Rousseff
Präsidentin der Föderativen Republik von Brasilien,
Brasília, Brasil
Fone: (61) 3411.1200 / 3411.1201, Fax: (61) 3411.2222
E-mail: gabinetepessoal@presidencia.gov.br
Der Xingu Fluss in Brasilien fließt am Dorf der indigenen Gemeinschaft der Asurini vorbei. Foto © Rebecca Sommer.
Sehr geehrte Präsidentin Dilma Rousseff,
Mit grosser Sorge verfolgt die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) die Entwicklungen um den Bewilligungsprozess
zum Staudamm Belo Monte. Wir appellieren an Sie, den
Bewilligungsprozess umgehend zu sistieren.
Die Erklärung für die Rechte der indigenen Völker
der Vereinten Nationen verlangt, dass vor dem Beginn von
Projekten und Bauten, die auf indigene Gemeinschaften
Auswirkungen haben wie im Falle des Staudamms Belo Monte, das
Einverständnis der direkt und indirekt betroffenen Indigenen
eingeholt werden muss. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, hat die
UNO kürzlich eine neue Initiative zur konkreten Umsetzung
dieser Deklaration ergriffen. Bisher hat Brasilien jedoch
lediglich Anhörungen mit einigen betroffenen indigenen
Personen durchgeführt und die Indigenen entgegen dem in der
Deklaration geforderten "freien, im Voraus erteilten
Einverständnis in Kenntnis der Sachlage" vom
Entscheidungsprozess ausgeschlossen.
Obwohl laut dem Umweltinstitut IBAMA nur 5 von 40 Auflagen in
Bezug auf Umwelt und soziale Verträglichkeit erfüllt
sind, möchte die brasilianische Regierung den Bau
vorantreiben. Das Staudamm-Projekt wird gravierende Konsequenzen
für die Region Altamira haben; die immense Zuwanderung
für den Bau wird nicht nur die Umwelt belasten und
zerstören. Auch die lokale Infrastruktur ist der Belastung
nicht gewachsen und muss dringend ausgebaut werden. Zudem muss
angesichts der schwierigen Bedingungen vor Ort mit sozialen
Konflikten und mit Konflikten zwischen Arbeitern und Indigenen
gerechnet werden. Dies hätte für die indigenen
Völker, von denen einige in freiwilliger Isolation leben,
verheerende Konsequenzen.
Ein Baubeginn ist ohne Erfüllung der Auflagen zur Abfederung
dieser Konsequenzen unvertretbar.
Wir sind besorgt, wie die brasilianische Regierung die Auflagen
der Organisation Amerikanischer Staaten ignoriert und sind
empört, wie sowohl die Regierung als auch die Industrie
Druck auf Kritiker ausübt: So verweigerte die
Indianerschutzbehörde FUNAI der Indigenenvertreterin Azelene
Kaingang die Teilnahme an einem Treffen des Permanenten Forums
für Indigene Angelegenheiten in New York. Das Baukonsortium
Norte Energia versucht, mit einer Beschwerde dem Bundesanwalt und
Staudammkritiker Felício Pontes die Möglichkeit von
juristischen Aktivitäten gegen Belo Monte zu entziehen, und
auf die Bundesanwaltschaft im Bundesstaat Para (Ministério
Público Federal no Pará) wird Druck ausgeübt,
damit es sich nicht mehr gegen die Baubewilligung stelle.
Die GfbV verlangt daher die Suspendierung des
Bewilligungsprozesses, bis alle direkt und indirekt Betroffenen,
insbesondere die Indigenen Gemeinschaften, in einem transparenten
und demokratischen Prozess ihr Einverständnis gegeben
haben.
Dies schließt das Recht der Indigenen, das Gesamtprojekt
abzulehnen, ein. Denjenigen Indigenen, welche in freiwilliger
Isolation leben, soll langfristig genügend Schutz vor
Eingriffen in ihre Lebenswelt und vor der Ausbeutung der für
sie lebensnotwendigen Ressourcen garantiert werden. Zudem
müssen sämtliche Umwelt- und Sozialauflagen im Voraus
erfüllt sein.
Die GfbV weist darauf hin, dass der Staudamm Belo Monte der
Anfang einer zerstörerischen Entwicklung wird, wenn
Brasilien nicht offenlegt, welche weiteren Strassen,
Staudämme und Wasserstrassen gebaut, wo Rohstoffe abgebaut
und wo Rodungen für den Ausbau der Landwirtschaft angelegt
werden sollen. All diese Aktivitäten müssen einem
Entwicklungskonzept entsprechen, das mit den Betroffenen
erarbeitet wird und dem Schutz der Betroffenen und des
Amazonas-Regenwaldes gerecht wird.
Belo Monte stellt aus Sicht der GfbV eine Chance für
Brasilien dar, seine Fähigkeit zu umweltfreundlicher und
menschenrechtskonformer Entwicklung zu beweisen und sich so
weltweit als richtungsweisende Nation zu etablieren.
Mit freundlichen Grüssen,
Christoph Wiedmer, Gesellschaft für bedrohte Völker
Schweiz
Yvonne Bangert, Gesellschaft für bedrohte Völker
Deutschland
Hans Bogenreiter, Gesellschaft für bedrohte Völker
Österreich
Sabrina Bussani, Gesellschaft für bedrohte Völker
Italien
Rebecca Sommer, Repräsentantin der Gesellschaft für
bedrohte Völker International für die UNO
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110429de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110406de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110209ade.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2011/110127de.html |
www.gfbv.it/2c-stampa/2010/101201ade.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100831de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100806de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2010/100420de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090806de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090804de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090529de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2009/090123de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/sud2010-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/brasil-belo.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/global-sozial.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/brasil-tras-de.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/global.html
| www.gfbv.it/3dossier/ind-voelker/dekade.html
| www.gfbv.it/3dossier/diritto/ilo169-conv-dt.html
in www: www.kaninde.org.br | www.funai.gov.br |
http://de.wikipedia.org/wiki/Indigene_Bevölkerung_Brasiliens
| www.ipcc.ch | www.ienearth.org | www.stopdamsamazon.org