Bozen, Göttingen, 10. September 2004
Anlässlich des dritten Jahrestages der
Terroranschläge auf New York und Washington (11.09.2001)
betont die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) noch
einmal, dass alle Bemühungen von Geheimdienst, Polizei und
Militär zur Bekämpfung von organisierten
fundamentalistisch-islamistischen Terrorgruppen wirkungslos
bleiben müssen, so lange sich die europäische
Außenpolitik nicht vorrangig an Menschenrechten orientiert.
"Dies wäre ein erster Schritt, um dem Terrorismus
langfristig den Boden zu entziehen", sagte der GfbV-
Generalsekretär Tilman Zülch am Freitag in
Göttingen. "Die GfbV begrüßt zwar die deutliche
Stellungnahme Europas gegen die Geiselnahme von Beslan, der mehr
als 330 Menschen, darunter über 150 Kinder, zum Opfer
gefallen sind. Doch genauso bedauern wir, dass viele
europäische Politiker, darunter auch Bundeskanzler Gerhard
Schröder, Putins Politik kritiklos hinnehmen. Europa
stärkt damit einem Politiker den Rücken, der
täglich Terror gegen Kinder verüben lässt und so
die Grundlagen für neuen Terror sät."
Zülch erinnerte daran, dass die Tschetschenienpolitik des
russischen Präsidenten bereits 50.000 Kinder zu Kriegswaisen
gemacht habe, die einen oder beide Elternteile verloren haben.
Etwa 10.000 Kinder seien durch den Krieg zu Invaliden geworden,
hätten Arme, Beine oder das Augenlicht verloren. Tausende
von Kindern fristeten ein Leben in Notunterkünften, seien
schlecht ernährt und medizinisch unzureichend versorgt.
Jetzt nahe der fünften Kriegswinter.
"Es genügt nicht, ein russisches Waisenkind zu adoptieren,
wenn man gleichzeitig alle diese furchtbaren Verbrechen in
Tschetschenien tabuisiert, verdrängt und schönredet,
also de facto unterstützt", mahnte der Menschenrechtler.