Bozen, Göttingen, 9. März 2005
"Mit der Liquidierung
des moderaten und nach OSZE-Angaben frei gewählten
tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow hat Russland
das Feld dem Terrorismus überlassen, den es durch seinen
Völkermord an mindestens 160.000 Menschen in Tschetschenien
geschaffen hat", sagt der Generalsekretär der Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch. Der
Menschenrechtler warf Bundeskanzler Gerhard Schröder und
seinem Außenminister Joschka Fischer am Mittwoch
Mitverantwortung für den gewaltsamen Tod von Maschadow und
den fortgesetzten Leiden der geschundenen tschetschenischen
Zivilbevölkerung vor. "So hat die Bundesregierung dazu
beigetragen, extremistischen Terroristen den Weg zu ebnen."
"Die Bundesregierung hat die russische Kriegspolitik gegen
Tschetschenien fast bedingungslos unterstützt trotz der
Massentötungen, -vergewaltigungen und -vertreibungen, der
systematischen Verfolgung der Intelligenz, der Liquidierung von
Menschenrechtlern und auch derjenigen, die gewaltlos Widerstand
geleistet haben, trotz der Bombardements von
Flüchtlingstrecks, Krankenhäusern, Ambulanzen,
Kindergärten, Schulen und Moscheen und trotz "der ersten
Vernichtung einer Großstadt durch Flächenbombardements
seit dem Zweiten Weltkrieg" wie es der damalige SPD-Abgeordnete
Rudolf Scharping am 19.01.1995 im Bundestag kritisierte", sagte
Zülch. "Statt Wladimir Putin zu einer Beendigung des
Genozids, zu Verhandlungen mit Maschadow und zu einer
Autonomielösung für Tschetschenien zu drängen,
haben Schröder und Fischer den Konflikt immer wieder auf die
Verteidigung der staatlichen Integrität Russlands und die
Terrorbekämpfung reduziert."
Nachdem Sozialdemokraten wie Grüne bis 1999 der damaligen
Bundesregierung unter Helmut Kohl Mitverantwortung für die
russische Vernichtungspolitik im Kaukasus vorgeworfen hatten, hat
die derzeitige Bundesregierung nach Auffassung der GfbV den
Feldzug Moskaus gegen Tschetschenien ebenfalls jahrelang auf
vielfache Weise bestärkt. "Während russische
Menschenrechtler, oppositionelle Demokraten und westliche
Korrespondenten vor einer Renaissance des Stalinismus und der
Hinwendung Russlands zum autoritären Staat warnen, hat
Gerhard Schröder den russischen Präsidenten noch im
Herbst 2004 zum "lupereinen Demokraten" erklärt, kritisierte
Zülch. Bundesverteidigungsminister Peter Struck plant jetzt
sogar gemeinsame Truppenübungen. Im März 2000 habe sein
Vorgänger Scharping nach dem zweiten
Flächenbombardement Grosnys mit der russischen
Armeeführung bereits 33 gemeinsame militärische
Projekte vereinbart. Gleichzeitig hat die Bundesregierung eine
Delegation des deutschen Geheimdienstes unter BND-Chef August
Hanning in die tschetschenische Hauptstadt entsandt, um die
Terrorismusbekämpfung der russischen Eroberer zu
unterstützen.