Bozen, Göttingen, Berlin, 16. September 2004
Nach der Warnung von Bundesaußenminister Joschka Fischer
vor einer möglichen Unabhängigkeit Tschetscheniens von
Russland hat die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) die Bundesregierung am Donnerstag dazu aufgefordert, ihre
Stimme gegen die systematische Zerstörung der
Selbstverwaltung der russischen Regionen und autonomen Republiken
zu erheben. "Nicht die von Bundesaußenminister Joschka
Fischer verurteilte Sezession eines tschetschenischen
Kleinstaates im Nordkaukasus könnte zum Zerfall Russlands
führen, sondern die schrittweise Restauration des einstigen
sowjetischen Zentralismus", sagte der GfbV-Generalsekretär
Tilman Zülch am Donnerstag in Göttingen. Russische
Menschenrechtler und Intellektuelle befürchten, dass dies
zukünftig zu immer mehr Unruhen und Aufstände nicht
zuletzt in den autonomen Republiken der nichtrussischen
Nationalitäten führen werde.
Erstaunlich sei, dass Fischer um das unbedeutende Tschetschenien
herum jetzt eine neue Domino-Theorie mit der angeblichen
Auflösung Russlands und der Bedrohung der "Sicherheit auf
der Welt" konstruiere, fügte Zülch hinzu. Als die USA
im Falle Vietnams eine ähnlich absurde Theorie über den
Zusammenbruch Südostasiens vertraten, bekämpfte Fischer
damals als einer der Anführer der Frankfurter
Sponti-Bewegung dieses amerikanische Horrorszenario.