Bozen, Göttingen, Wien, 22. Dezember 2005
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die
Internationale Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) am
Donnerstag dringend dazu aufgefordert, die radioaktive Belastung
in der Nähe der tschetschenischen Hauptstadt Grosny zu
überprüfen. Die Menschenrechtsorganisation, die in der
Vergangenheit immer wieder vor unkontrolliert austretender
Radioaktivität in Tschetschenien gewarnt hat, ist alarmiert
über erschreckende Angaben namhafter tschetschenischer
Menschenrechtlerinnen zur Gesundheitssituation der
Zivilbevölkerung in Grosny. Ihnen zufolge sind von 100
Krebspatienten in Russland zehn tschetschenische Kinder. Jedes
zweite Neugeborene - 1.104 von 2.173 Kindern - in der
tschetschenischen Hauptstadt sei krank. Nach Angaben des
russischen Vizegesundheitsministers der prorussischen Verwaltung
Tschetscheniens, Sultan Alichadschiew, kommt im
Landesdurchschnitt jedes fünfte Neugeborene mit schweren
gesundheitlichen Störungen zur Welt.
Die russische Staatsanwaltschaft hat in der vergangenen Woche
gemeldet, in der Chemiefabrik in Grosny sei eine 58.000 Mal
höhere Strahlenbelastung gemessen worden als der
höchste erlaubte Wert. Zudem gibt es nach GfbV-Angaben eine
offene Müllkippe fünf Kilometer außerhalb der
Stadt am Rande der Straße nach Argun, die radioaktiv
verstrahlt sei. Als dritte Gefahrenquelle nannte die
Menschenrechtsorganisation das Endlager "Rodon" in der Nähe
des Dorfes Gorjatschewodsk etwa 15 Kilometer von Grosny entfernt,
in dem seit Jahren ungesichert Atommüll aus dem Nordkaukasus
und Russland eingelagert werde.