Bozen, Göttingen, 11. April 2005
"200.000 Tote - wo bleibt die Reue für Tschetschenien?"
Diese Forderung wird die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem
Staatsgast, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, auf
einem großen Transparent entgegen halten, wenn die
Politiker am Mahnmal am Maschsee in Hannover am Montagvormittag
einen Kranz niederlegen. "Es ist empörend und
beschämend, dass sich Putin an der Seite seines Freundes
Schröder in aller Öffentlichkeit vor den Opfern des
Nationalsozialismus verneigen darf, ohne für seinen eigenen
Vernichtungsfeldzug gegen das kleine tschetschenische Volk zur
Rechenschaft gezogen zu werden", sagt der
GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch. "Deshalb fordert
unsere Menschenrechtsorganisation: Putin nach Den Haag!
Völkermord und Vertreibung bestrafen!"
Dem Bundeskanzler wirft die GfbV Mitverantwortung für den
Genozid in Tschetschenien vor. "Durch die Zusammenarbeit der
deutschen und russischen Armee, der beiden Geheimdienste und vor
allem dadurch, dass Schröder immer wieder Verständnis
für Putins Vorgehen gezeigt und ihn sogar als "lupenreinen
Demokraten" bezeichnet hat, hat der Bundeskanzler die russische
Kriegspolitik unterstützt - trotz der Verbrechen gegen die
Menschlichkeit in Tschetschenien: Massentötungen,
Massenvergewaltigungen und Vertreibungen, systematische
Verfolgung der Intelligenz, Liquidierung von Menschenrechtlern,
Bombardements von Flüchtlingstrecks, Krankenhäusern,
Ambulanzen, Kindergärten, Schulen und Moscheen", kritisiert
Zülch.
"Wir warnen dringend davor, den durch massive Wahlfälschung
unter den Bajonetten Moskaus im August 2004 an die Macht
gelangten tschetschenischen Präsidenten Alu Alchanow oder
seinen Vizepräsidenten, den mutmaßlichen
Kriegsverbrecher Ramzan Kadyrow, zu unterstützen", warnt der
Menschenrechtler. "Sie sind seit 2004 für 75 Prozent der
schweren Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien
verantwortlich, die sie im Interesse der russischen
Besatzungsmacht begehen. Die tschetschenische
Zivilbevölkerung habe inzwischen mehr Angst vor der so
genannten Leibgarde Kadyrows als vor den russischen Truppen.
Alchanow hatte angekündigt, den russischen Präsidenten
gemeinsam mit Kadyrow nach Deutschland zu begleiten, um am Rande
der Hannover Messe um humanitäre Hilfe zu werben. Die GfbV
hatte daraufhin beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen
Kadyrow gestellt und ihn zu Ermittlungen aufgefordert. An
Bundesinnenminister Otto Schily und den niedersächsischen
Innenminister Uwe Schünemann hatte die
Menschenrechtsorganisation appelliert, den mutmaßlichen
Kriegsverbrecher nicht nach Deutschland einreisen zu lassen.