Bozen, Göttingen, Innsbruck, 6. März 2006
Die geplante Entsendung einiger hundert EU-Soldaten in den
Kongo wird nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) nicht genügen, um das zentralafrikanische
Land zu stabilisieren und zu befrieden. "Die heutigen Beratungen
der EU-Verteidigungsminister über einen möglichen
Kongo-Einsatz sind zwar ein wichtiges Zeichen dafür, dass
Europa den Kongo nicht vergisst und keine weitere
Verzögerung der nun für Juni geplanten Wahlen hinnehmen
wird", sagte der GfbV- Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in
Göttingen. "Doch für die wirkungsvolle Förderung
von Rechtsstaatlichkeit und Frieden braucht der Kongo vor allem
politische Initiativen und eine umfassende Überprüfung
der bislang geleisteten Hilfe." So seien die massiven
Menschenrechtsverletzungen der kongolesischen Armee, deren Aufbau
von der EU gefördert wird, nicht hinnehmbar. Auch müsse
die EU mehr darauf dringen, dass die von ihr besonders
unterstützten Anrainerstaaten Ruanda und Uganda den Kongo
nicht länger destabilisieren.
Ein EU-Militäreinsatz von wenigen hundert Soldaten zur
Sicherung der Wahlen könne nur symbolische Bedeutung haben,
um den in der kongolesischen Übergangsregierung vertretenen
Warlords zu signalisieren, dass es keine Alternative zum Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen in ihrem Land gibt, meinte Delius.
Doch rund 4,5 Millionen Kriegstote seit 1996 und 40.000 Menschen,
die jeden Monat vor Menschenrechtsverletzungen fliehen
müssen, müssten der EU Ansporn genug sein, die von ihr
koordinierte Reform der neuen kongolesischen Armee (FARDC)
voranzutreiben. Außerdem müssten der Aufbau einer
unabhängigen Justiz stärker gefördert und die
Korruption effektiver bekämpft werden.
Wie groß der Handlungsbedarf allein bei der Reform der
neuen kongolesischen Armee sei, machten jüngste Berichte der
UN- Friedenstruppen MONUC über massive
Menschenrechtsverletzungen der FARDC deutlich. Mehrere Dutzend
Vergewaltigungen, extralegale Hinrichtungen, willkürliche
Verhaftungen und Vertreibungen von Zivilisten durch Soldaten der
regulären Armee waren in den Monaten November und Dezember
2005 von der MONUC registriert worden. "Wenn die EU hier nicht
auf größeren Respekt vor den Menschenrechten dringt,
wird die FARDC bereits ihre Glaubwürdigkeit bei der
Zivilbevölkerung verloren haben, bevor sie endgültig
aufgebaut ist", warnte Delius.