Bozen, Göttingen, 5. April 2006
Der 19 Jahre alte kurdische Rekrut Mohammed Othman ist
während seines Militärdienstes in der vergangenen Woche
zu Tode gequält worden. Wie ein zuverlässiger
Gewährsmann aus Syrien der Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) in Göttingen am Mittwoch mitteilte, habe
sich der junge Mann kurz vor seinem Tod am 28. März noch bei
seinem Vater darüber beklagt, dass er und andere kurdische
Rekruten regelmäßig von Kameraden und Vorgesetzten
geschlagen werden. Häufig sei er außerdem mit kaltem
Wasser übergossen und gezwungen worden, sich
anschließend bei großer Kälte nackt vor dem Haus
aufzuhalten. Als er krank wurde, habe ein Arzt ihn nicht
behandeln wollen.
Nach anfänglicher Weigerung des Militärs, den
Angehörigen seine Leiche zu übergeben, sei der Tote
dann doch in der Nacht vom 29.3.2006 von Militärfahrzeugen
in das Heimatdorf gebracht worden. Obwohl er laut Anweisung des
Militärs sofort beerdigt werden sollte, konnten seine
Angehörigen noch Fotos von dem Leichnam machen. Deutlich
seien darauf die Spuren der Misshandlungen zu erkennen. Mohammed
Othmann war erst vor knapp einem Monat zum Wehrdienst eingezogen
worden.
Beunruhigende Nachrichten erreichten die GfbV auch aus der
zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo. Dort wurden
während des kurdischen Neujahrsfestes am 20. März nach
Angaben von Augenzeugen mehr als 100 Kurden festgenommen. Die
Namen von 73 Inhaftierten liegen der GfbV vor. Rund 5.000 Kurden
waren an diesem Abend in Aleppo dem Aufruf aller kurdischen
Parteien und Organisationen des Landes gefolgt und wollten zum
Gedenken an inhaftierte und getötete Kurden in Syrien Kerzen
entzünden. Während ihrer friedlichen Versammlung seien
Lieder zum Neujahrsfest gesungen und kurdische Fahnen geschwenkt
worden. Schon zu diesem Zeitpunkt sei es zu ersten Verhaftungen
gekommen. Dann hätten Sicherheitskräfte die Versammlung
unter Einsatz von Tränengas aufgelöst. Als die
Demonstranten begannen, die Sicherheitskräfte mit Steinen zu
bewerfen, hätten diese in die Menge gefeuert. Angaben
über Verletzte gibt es jedoch nicht.
Landesweit leuchteten während des Neujahrsfestes kurdischen
Schätzungen zufolge bis zu eine Million Kerzen. Mit etwa
zwei Millionen Menschen stellen die Kurden rund zwölf
Prozent der Gesamtbevölkerung Syriens. Sprachliche und
kulturelle Rechte werden ihnen vorenthalten. Rund 200.000 Kurden
wurde im Zuge der Arabisierung die Staatsbürgerschaft
entzogen und bis heute trotz Versicherungen des syrischen
Diktators Bashar al Assad nicht zurückgegeben.