Bozen, Göttingen, 20. März 2008
Anlässlich des bevorstehenden
christlichen Osterfestes hat die Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) an Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, endlich
die Tragödie der irakischen Christen zur Kenntnis zu nehmen
und sofortige Hilfsmaßnahmen für diese vergessene
Minderheit einzuleiten. "Es kann doch nicht sein, dass man sich
in Deutschland auf christliche und abendländische
Traditionen beruft und dem Massen-Exodus der letzten 600.000
Christen aus dem Irak und der Zerstörung ihrer
2.000-jährigen Tradition und Kultur tatenlos zusieht", sagte
der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch am
Gründonnerstag.
Die GfbV erinnerte noch einmal an die furchtbaren Verbrechen,
die der Massenflucht und -vertreibung vorangingen und noch immer
andauern: 37 christliche Kirchen wurden ganz oder teilweise
zerstört. Auf Nonnen, Priester und Bischöfe wurden
zahlreiche Attentate verübt, die viele nicht
überlebten. Angehörige der christlichen Volksgruppe
wurden entführt, vergewaltigt, zu Tode gefoltert,
gekreuzigt, enthauptet oder erschossen. An zahlreichen Orten im
zentralen und südlichen Irak sind in den christlichen
Gemeinden nur Alte, Kranke und Arme zurückgeblieben. Nach
dem Mord an dem entführten höchsten christlichen
Geistlichen der chaldäischen Katholiken, dem Erzbischof von
Mosul Paulos Faraj Rahho, und der Ermordung seiner drei
Begleiter, versuchen die letzten assyro-chaldäischen
Christen jetzt, die Stadt zu verlassen.
"Wir appellieren dringend an Sie, ein Entwicklungsprogramm
für die Ansiedlung christlicher Flüchtling im autonomen
Bundesstaat Kurdistan und in der benachbarten, von kurdischen und
christlichen Sicherheitskräften geschützten
Niniveh-Ebene zu finanzieren", heißt es in den Schreiben
der GfbV an die Bundeskanzlerin und den Außenminister.
Beide Regionen seien weitgehend befriedet und mit der Aufnahme
von 120.000 christlichen Flüchtlingen überfordert.
"Friedenspolitik und eine besondere Verantwortung für den
Schutz von Minderheiten, die sich aus den traurigen deutschen
Erfahrungen mit zwei totalitären Diktaturen ergeben, sollten
uns auch verpflichten dieser existenziell bedrohten gejagten
Minderheit schnell zur Hilfe zu kommen", mahnte Zülch.
Zugleich forderte er die Bundesregierung erneut dazu auf, ihren
"törichten Boykott" gegen den friedlichen Bundesstaat
Kurdistan aufzugeben und dort dem Beispiel anderer demokratischer
Staaten folgend ein Konsulat zu errichten.