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Indien: Pogrome gegen christliche Ureinwohner begannen vor einem Jahr (23. August)

Gewaltopfer warten bis heute auf Gerechtigkeit

Bozen, Göttingen, 20. August 2009

Vor radikalen Hindu geflüchtet - Christliche Familie im Camp. Foto J. Albert. Vor radikalen Hindu geflüchtet - Christliche Familie im Camp. Foto J. Albert.

Seit einem Jahr warten die überlebenden Opfer pogromartiger Ausschreitungen gegen christliche Ureinwohner im ostindischen Bundesstaat Orissa vergeblich auf eine angemessene Bestrafung der Täter. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtete anlässlich des Jahrestages des Gewaltausbruchs am 23. August, dass radikale Hindus Christen mit dem Tod drohten, um sie von Zeugenaussagen abzuhalten und die Freilassung Tatverdächtiger zu erreichen. "Es herrscht ein Klima der Angst und viele Vertriebene fürchten, bei ihrer Rückkehr in ihre Dörfer erneut Opfer von Übergriffen zu werden. Deshalb müssen Zeugen unbedingt besser geschützt werden", forderte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. Er warnte davor, den Schutz christlicher Einrichtungen durch Sicherheitskräfte zu verringern.

"Mit großer Sorge verfolgen wir, dass mit dem Abzug der letzten 400 Sondereinsatzkräfte der indischen Bundespolizei CRPF aus der Krisenregion Kandhamal bereits im Juli begonnen wurde", sagte Delius. Bis zu 5000 Sondereinsatzkräfte waren nach der Ermordung des radikalen Hindu-Führers Swami Laxmanananda Saraswati am 23. August 2008 nach Ostindien entsandt worden. Dort hatten gut organisierte Hindu-Banden gezielt 315 Dörfer von Adivasi-Ureinwohnern angegriffen. Die zuständige Landespolizei verweigerte den Christen Schutz. 120 Adivasi wurden ermordet, unter ihnen zehn Pastoren und Nonnen. 50.000 Christen mussten fliehen, 252 Kirchen und 13 christliche Schulen wurden zerstört, 4.640 Häuser geplündert und niedergebrannt.

Bis heute seien erst sechs Gewalttäter zu Haftstrafen zwischen zwei und sechs Jahren verurteilt worden, obwohl 1004 einzelne Übergriffe registriert und 1218 Personen verhaftet wurden, kritisiert die GfbV. Mindestens 17 Beschuldigte seien mangels Beweisen freigesprochen worden. Zwar seien 821 Anzeigen erstattet und 480 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Doch weil Zeugen eingeschüchtert und bedroht würden, komme es kaum zu Verurteilungen. So hätten drei mit Pistolen bewaffnete Hindu-Extremisten (ihre Namen sind den Behörden bekannt) am 30. Juni 2009 Zeugen in mehreren Dörfern aufgesucht und mit dem Tod bedroht, sollten sie vor Gericht aussagen. Auch ein Belastungszeuge im Verfahren wegen Vergewaltigung der katholischen Nonne Meena, in dem gegen zehn Personen ermittelt wird, wurde an seinem Arbeitsplatz bedroht.

Die GfbV hat ihren Indien-Experten James Albert mehrmals in die Krisenregion entsandt, da sich die Angaben der Lokalbehörden von Anfang an als unzuverlässig erwiesen hatten. Christliche Flüchtlinge schilderten Albert, wie sie von radikalen Hindu bedrängt werden, sich zum Hinduismus zu bekehren. Außerdem würden sie aufgefordert, ihre Anzeigen zurückzuziehen, um äußerlich den Eindruck eines harmonischen Zusammenlebens zu erwecken. Rund 1300 Flüchtlinge weigern sich bis heute, in ihre Dörfer heimzukehren, weil dort ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist. Zurückgekehrte Adivasi berichten über anhaltende Spannungen zwischen Hindu und Christen.