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Kopenhagen: Mehr als 150 Millionen Ureinwohner vom Klimawandel bedroht

Kein Verständnis für Wissenschaftler-Streit

Bozen, Göttingen, Kopenhagen, 7. Dezember 2009

Junge Guarani-Indianer aus Brasilien. Junge Guarani-Indianer aus Brasilien.

Mehr als 150 Millionen Ureinwohner in der Arktis und Subarktis, im Pazifik, in Ostafrika, Indien, Indonesien und in mehreren südamerikanischen Staaten leiden schon heute unter den Folgen des Klimawandels. Deshalb hätten viele ihrer Repräsentanten wenig Verständnis für den Streit unter Wissenschaftlern, ob sich die Erde tatsächlich erwärme und inwieweit Menschen dafür verantwortlich seien, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag zum Auftakt des Klimagipfels in Kopenhagen. "Lange bevor Wissenschaftler vor einem Klimawandel warnten, stellten Ureinwohner in ihrer eigenen Umgebung bereits dramatische Veränderungen des Klimas fest", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Jahrelang seien Warnungen indigener Völker aber nicht ernst genommen worden, obwohl sie das Wetter und seinen Einfluss auf die Natur seit Generationen intensiv beobachten.

Über die unmittelbar spürbaren Folgen hinaus habe der Klimawandel für Ureinwohner in vielen Teilen der Welt aber auch indirekt negative Auswirkungen. So mache er es ihnen noch schwerer, Rechte einzufordern. So werde indigenen Völkern in der Arktis und Subarktis immer häufiger die Kontrolle über das traditionell ihnen zustehende Land verweigert, weil dort der Abbau von Rohstoffen immer lukrativer werde. Bergbau-, Energiekonzerne und Regierungen drängten weltweit Ureinwohner dazu, Land zu verkaufen oder langfristig Nutzungsrechte abzutreten und schürten so Konflikte innerhalb der indigenen Gemeinschaften. Denn während die einen Land verkaufen wollten, beharrten andere auf ihrer seit altersher überlieferten Lebensweise. "Unter den meisten indigenen Völkern gibt es heute statt der traditionell gemeinsamen Bewirtschaftung des Landes Streit über das weitere Vorgehen", sagte Delius. "Der Klimawandel tötet indirekt nicht nur den Gemeinschaftssinn indigener Völker, sondern zerstört Grundlagen ihrer Kultur und Identität."

Konflikte schüre auch das REDD-Programm (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation in Developing Countries, Verringerung der Emissionen von Entwaldung und Degradierung) der Vereinten Nationen zur Eindämmung des Klimawandels. REDD soll den CO²-Ausstoß, der durch Entwaldung und Waldschwund verursacht wird, senken: Wer den Wald nicht wirtschaftlich nutzt, soll gemäß REDD entschädigt werden. Darüber hinaus sollen die Wälder in den Emissionshandel eingebunden werden. Umstritten ist jedoch, welche Flächen überhaupt als Wald anzusehen sind und wohin eine solche umfassende Inwert-Setzung der Natur führt. Während ein Teil der indigenen Völker REDD grundsätzlich ablehne, wollen sich andere um eine REDD-Reform bemühen, damit indigene Interessen mehr berücksichtigt werden. Die GfbV ist bei dem Klimagipfel mit einer Delegation von 30 Ureinwohnern aus aller Welt vertreten, die sich seit Jahren mit Umweltfragen beschäftigen.