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China verschärft Internetzensur (1. März)

Neue Web-Regeln erleichtern Kriminalisierung von Minderheiten - Konflikte in Nationalitätengebieten werden tabuisiert

Bozen, Göttingen, 27. Februar 2015

GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbV. GfbV Menschenrechtsaktion. Foto: GfbV.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Chinas Regierung vorgeworfen, mit der am 1. März in Kraft tretenden Verschärfung der Internetzensur systematisch ethnische und religiöse Minderheiten zu kriminalisieren. "Jeder, der zukünftig Informationen oder Gerüchte über Probleme und Konflikte in Siedlungsgebieten von Tibetern, Uiguren und Mongolen im Internet in China verbreitet, macht sich strafbar", erklärte der GfbV-China-Experte Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Das kommt einer Informationsblockade gleich, weil nur noch staatlich autorisierte und von den Zensoren genehmigte Informationen in Umlauf gebracht werden können." Am 1. März 2015 treten neue Internetregeln in China in Kraft, die am 4. Februar 2015 von der Staatlichen Internet-Behörde (Cyberspace Administration of China/ CAC) bekanntgegeben wurden.

Die neuen Regeln umfassen zehn Punkte und gelten sowohl für das Internet, als auch für soziale Medien, Blogs, Online-Foren, Kurznachrichtendienste und Microblogs. So darf niemand Informationen verbreiten, die Konflikte zwischen ethnischen Gruppen schüren oder die staatliche Ordnung, Souveränität, territoriale Integrität und nationale Sicherheit gefährden könnten. Streng verboten ist auch die Verbreitung jede Form von Gerüchten sowie von Informationen, die chinesische Gesetze oder die Verfassung des Landes verletzen. Untersagt ist auch die Verbreitung extremistischer Inhalte oder von Propaganda für Kultgemeinschaften. Nach Interpretation chinesischer Sicherheitsdienste zählen dazu auch religiöse Schriften von Muslimen und Buddhisten oder Publikationen der verbotenen Meditationsgemeinschaft Falun Gong. Die Internetprovider werden bei Regelverletzungen und der Verbreitung verbotener Inhalte zur Verantwortung gezogen.

Die geplante erneute Verschärfung der Internetzensur erregt weltweit Aufsehen, weil nun auch vorgeschrieben ist, dass sich jeder Nutzer des Internets mit seinem tatsächlichen Namen beim Internetprovider registrieren lassen muss. Seit sechs Jahren arbeiten die chinesischen Behörden daran, jeden Nutzer des Internets persönlich zu erfassen. Die Neuerung ist somit Teil einer Gesamtstrategie zur totalen Überwachung der 650 Millionen Internetnutzer in China, die langfristig angelegt ist. Die Nutzer können sich zwar einen individuellen Namen geben. Dieser darf aber kein Fantasiename einer bekannten Persönlichkeit sein oder den Anschein einer staatlichen Institution oder offiziellen Einrichtung erwecken. Im Januar 2015 hatte die CAC erklärt, sie habe 17 Internet-Adressen seit November 2014 gesperrt, weil sich diese als Organe der Kommunistischen Partei oder als staatlich zugelassene und geförderte Medien ausgegeben hätten.

"Ein freier Gedankenaustausch in Chinas Internet über die Lage in Xinjiang/Ostturkestan, Tibet und der Inneren Mongolei wird so lebensgefährlich, weil die unklare Formulierung der neuen Regeln jeder Kriminalisierung Tür und Tor öffnet. Auch jede Erwähnung der verbotenen Meditationsgemeinschaft Falun Gong kann mit drastischen Strafen geahndet werden", erklärte Delius.