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Massenverhaftungen im Nordwesten Chinas - Mindestens 480 Uiguren seit April festgenommen.

China braucht Strategiewechsel, um Gewalt einzudämmen - Freiheit für inhaftierte Menschenrechtler gefordert

Bozen, Göttingen, 26. Mai 2014

Landschaft in Xinjiang, Ostturkestan. Foto: GfbV-Archiv. Landschaft in Xinjiang, Ostturkestan. Foto: GfbV-Archiv.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) berichtet über anhaltende Massenverhaftungen von Uiguren im Nordwesten China. "Mindestens 480 Uiguren wurden seit Anfang April 2014 aus politischen Gründen festgenommen", sagte der GfbV-Asienexperte Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Nachdrücklich forderte die Menschenrechtsorganisation einen Strategiewechsel, um die eskalierende Gewalt in Xinjiang (Ostturkestan) einzudämmen. Zuletzt hatte es am 23. Mai in der Stadt Urumtschi einen Terroranschlag auf einen Gemüsemarkt mit 43 Toten gegeben. "Mit Sippenhaft für mehr als 100 Familienangehörige von Terrorverdächtigen und willkürlichen Festnahmen von muslimischen Frauen und Mädchen, die sich nicht verbieten lassen wollen, den Schleier zu tragen, schürt Peking nur weitere Ablehnung unter den Uiguren. Wenn eine weitere Zunahme der Gewalt verhindert werden soll, müssen nun inhaftierte uigurische Menschenrechtler freigelassen werden. Nur ein glaubwürdiger Dialog mit gemäßigten Uiguren kann das Pulverfass Xinjiang zur Ruhe bringen."

Unter den 480 Festgenommen sind nach Angaben chinesischer Behörden allein 200 Uiguren, die im Mai verhaftet und der Gewalt und des "religiösen Extremismus" beschuldigt werden. "Aus dem gleichen Grund werden auch uigurische Menschenrechtler und friedliche Demonstranten regelmäßig vor Gericht gestellt", kritisierte Delius. Mehr als die Hälfte dieser 200 Inhaftierten sind Verwandte von Terrorverdächtigen, die verantwortlich gemacht werden für eine Messerattacke am 30. April 2014. Damals wurden drei Personen im Bahnhof Urumtschi getötet. Systematisch wurden die Häuser der Familienangehörigen in der Stadt Gulbagh (Region Aksu) durchsucht. Sogar mehrere Dutzend Kinder wurden wegen möglicher Terrorgefahr in Gewahrsam genommen.

Bereits zwischen dem 1. April und dem 12. Mai wurden Behördenangaben zufolge 232 Uiguren wegen kritischer Stellungnahmen im Internet zu Gewalt und Menschenrechtsverletzungen festgenommen. Im Bezirk Kucha (Region Aksu) wurden am 20. Mai 2014 mehrere Dutzend Mädchen und Frauen sowie Demonstranten inhaftiert, die für Musliminnen das Recht einforderten, in der Öffentlichkeit einen Schleier tragen zu dürfen. Am 21. Mai 2014 wurden 39 Uiguren aus politischen Gründen in Schauverfahren zu bis zu 15 Jahren Haft verurteilt.

"Chinas Sicherheitsbehörden unterscheiden nicht zwischen friedlichem Protest von Uiguren, die den Respekt ihrer verfassungsrechtlich garantierten Rechte einfordern, und blinder Gewalt von Extremisten, die jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Konflikte verloren haben", berichtete Delius. "Nur wenn die Volksrepublik jetzt ein Zeichen setzt und inhaftierte Sprachenrechtler, Blogger, Schriftsteller, Studenten und den Wirtschaftsprofessor Ilham Tohti aus der Haft entlässt, gibt es eine Chance, die Gewalt und Sprachlosigkeit zwischen Han-Chinesen und Uiguren zu überwinden."

Seit Jahresbeginn 2013 fielen mindestens 340 Menschen der Eskalation der Konflikte im Nordwesten Chinas zum Opfer. Seit Anfang 2014 sind mindestens 125 Menschen bei politisch motivierter Gewalt zwischen Uiguren und Han-Chinesen gestorben.