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Schwere Vorwürfe gegen türkische Luftwaffe

Zahlreiche Tote bei Angriff auf yezidische Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des IS-Massakers von Kocho im Nordirak

Bozen, Göttingen, 17. August 2018

Geflüchtete aus der Sinjar-Region im Irak. Foto: Meg Sattler WVI/Iraq via Flickr CC BY 2.0. Geflüchtete aus der Sinjar-Region im Irak. Foto: Meg Sattler WVI/Iraq via Flickr CC BY 2.0.

Mit Erschütterung und Empörung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Nachricht über einen tödlichen Angriff der türkischen Luftwaffe auf einen Konvoi von Yeziden in der Region Sinjar im Nordwesten des Irak zur Kenntnis genommen. "Yeziden haben uns berichtet, dass durch den Angriff am vergangenen Mittwoch auch hochrangige Mitglieder der in Deutschland verbotenen kurdischen PKK getötet wurden, die 2014 maßgeblich dazu beigetragen haben, den "Islamischen Staat" (IS) aus dem Yeziden-Gebiet zu vertreiben", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Freitag in Göttingen. Die Yeziden kamen von einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Massakers des IS an den Einwohnern des Dorfes Kocho. Dort hatte der IS am 15. August 2014 ein Blutbad angerichtet. Innerhalb einer Stunde hatten die Extremisten über 300 Männer getötet. Viele Frauen wurden entführt und versklavt. Unter den Verschleppten war auch die heutige UN-Sonderbotschafterin und Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad.

"Viele Yeziden sind zutiefst betroffen, denn die jetzt getöteten PKK-Mitglieder haben unter Einsatz ihres Lebens yezidische Frauen und Kinder vor dem IS beschützt und Zehntausende Yeziden vor den Radikalislamisten gerettet", berichtete Sido und verurteilte die türkischen Luftangriffe am 4. Jahrestag des Massakers von Kocho scharf. "Dieser Angriff der türkischen Luftwaffe ist eine klare Verletzung des Völkerrechts. Er weckt bei den Yeziden die Erinnerung an ihre seit Jahrhunderten andauernde blutige Verfolgung und Vertreibung durch den türkischen Staat und andere islamische Akteure im Nahen Osten."

Die GfbV hat die Menschenrechtsverletzungen der kurdischen PKK stets verurteilt. "Doch die menschenverachtende Politik des türkischen Präsidenten Erdogan gegenüber Kurden, Yeziden und anderen Minderheiten ist mit nichts zu rechtfertigen", sagte Sido. "Diese und andere Angriffe werden die ungelöste Kurdenfrage in- und außerhalb der Türkei nicht lösen können. Vielmehr versucht Erdogan mit einer neuen Eskalation der Gewalt von den eigentlichen politischen und wirtschaftlichen Problemen des Landes abzulenken."

Im nordirakischen Sinjar wurden yezidische Dörfer vom 3. August 2014 an vom IS angegriffen. Der IS wollte die rund 400.000 Yeziden aus ihrem Hauptsiedlungsgebiet vertreiben oder vernichten. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden rund 5.000 Yeziden sofort getötet und weit mehr entführt. Alle Yeziden mussten fliehen. Es muss befürchtet werden, dass viele Vermisste ermordet wurden. Von den mehr als 5.000 verschleppten Frauen und Mädchen sind noch immer mindestens 3.000 als Geiseln in den Händen des IS. Die gefangenen Frauen wurden vergewaltigt, zwangsverheiratet oder auf Sklavenmärkten verkauft.