In: Home > News > Myanmar: Soldaten bezeugen Verbrechen. Zwei Täter berichten aus erster Hand
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Bozen, Göttingen, 9. September 2020
Ein Flüchtlingslager der Rohingya in Bangladesch. Foto: EU/ECHO/Pierre Prakash via Flickr.
Zwei Soldaten der myanmarischen Armee, auch bekannt als
Tatmadaw, haben ausführliche Geständnisse über
Gräueltaten ihrer jeweiligen Infanterie-Einheiten gegen die
Rohingya-Zivilbevölkerung in Myanmar abgelegt. Berichten der
thailändischen Menschenrechtsorganisation Fortify Rights
zufolge befinden sich Myo Win Tun vom Leichten
Infanteriebataillons (LIB) 565 und Zaw Naing Tun vom LIB 353
inzwischen in Den Haag. Dort seien sie vom Internationalen
Strafgerichtshof (IStGH) ausführlich befragt worden. "Die
erschütternden Geständnisse der beiden Soldaten
bezeugen aus Tätersicht, was wir von Opferseite und einer
unabhängigen Expertenkommission der UN bereits seit Jahren
wissen: Die Regierung Myanmars hat in den Jahren 2016 und 2017
eine konzertierte Genozid-Kampagne gegen die Rohingya gefahren",
erklärt Jasna Causevic, Referentin für
Genozid-Prävention und Schutzverantwortung bei der
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Ihre Aussagen
müssen jetzt zügig zu Anklagen gegen die
Verantwortlichen in Militär und Regierung vor dem IStGH
führen."
In ihren ausführlichen Geständnissen hatten die beiden
Infanteristen ihre direkte Beteiligung an bis zu 180 Morden an
Rohingya eingeräumt. Sie nannten auch die Namen und
Ränge der Kommandeure, die Tötungen, Vergewaltigungen
und das Niederbrennen zahlloser Rohingya-Dörfer angeordnet
hatten. "Die Soldaten gehörten zu unterschiedlichen
Einheiten. Sie bekamen unabhängig voneinander den Befehl,
alle Rohingya zu töten, die sie in den Dörfern
antreffen", so Causevic. "Wir dürfen davon ausgehen, dass
viele andere Einheiten der Tatmadaw denselben Befehl erhalten und
ebenso ausgeführt haben." Die Aussagen der beiden Soldaten
gelten als authentisch. Zwei Massengräber, deren Standorte
sie beschrieben hatten, wurden inzwischen gefunden.
Der IStGH verfolgt normalerweise hochrangige Verdächtige,
denen schwerste Straftaten wie Völkermord oder Verbrechen
gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden - nicht einfache
Soldaten. "Die Aufnahme der beiden Infanteristen in die Obhut des
Gerichtes kann eine Signalwirkung haben und andere Täter in
Myanmar ermutigen, ebenfalls vor einem internationalen Gericht
auszusagen", hofft Causevic. Der IStGH verfügt über ein
Zeugenschutzprogramm, auch für sogenannte "Insider-Zeugen".
Es ist in Artikel 68, Absatz 1 sowie Artikel 43, Absatz 6 der
Statuten des Gerichtes geregelt. Die Anklage wegen des Genozids
an den Rohingya hatte Gambia im vergangenen Jahr eingereicht.
Letzte Woche haben die Niederlande und Kanada angekündigt,
diese Bemühungen rechtlich zu unterstützen. Sie
bezeichnen dies als "Anliegen der gesamten Menschheit".
"Die EU und die Bundesregierung müssen nun mehr denn je
darauf drängen, dass sich in Myanmar etwas ändert",
fordert Causevic. "Der Genozid-Kampagne gingen Jahrzehnte der
Repression, Entrechtung und Hass-Propaganda voraus. Nur
internationale Ächtung der Taten und Sanktionen gegen die
Verantwortlichen können die Lage ändern. Nur, wenn die
Rohingya Gerechtigkeit und Sicherheit erfahren, kann das Leid der
Menschen enden. Nur dann können die hunderttausenden
Geflüchteten aus den Elends-Lagern heimkehren. Nur dann kann
Myanmar ein neues, friedlicheres Kapitel seiner Geschichte
aufschlagen."
Siehe auch in gfbv.it:
www.gfbv.it/2c-stampa/2018/181129de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2018/181016de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/17110de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170919de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170911de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170905de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170206de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2017/170118de.html
| www.gfbv.it/2c-stampa/2016/160523de.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/burma/burma-ic.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/burma/burma-1.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/burma/burma.html
| www.gfbv.it/3dossier/asia/burma/burma-shan-en.html
in www: www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=56103
|
www.ec.europa.eu/echo/files/aid/countries/factsheets/rohingya_en.pdf